Bratpfanne für die Hollywoodschaukel

■ Auch nach dem Relaunch bleibt die Zeitschrift „Gala“ ganz die Altbackene

Die wahre Galavorstellung fand am Mittwoch morgen im Hamburger Hafen direkt vor dem gläsernen Verlagspalast von Gruner+Jahr statt. Eine strahlende Königin, Queen Elisabeth II., verabschiedete sich von der Hansestadt. Zahlreiche BesucherInnen trotzten Nieselregen und stürmischen Winden, um noch einmal einen Blick auf den letzten großen Transatlanik-Liner zu werfen.

Dagegen zieht der Traum von Luxus und Royals noch immer gnadenlos an der Glanz-und-Glamour-Zeitschrift Gala aus dem Hause G+J vorbei. Vergeblich werkelt die Crew seit über zwei Jahren an dem People-Plauderblatt. Die anvisierte Auflage von 500.000 Exemplaren blieb unerreicht am Horizont. Nur rund die Hälfte wurde bislang pro Woche verkauft. Höchste Zeit für ein „Facelifting“, dachte sich die Chefetage. Um den Kurs der „neuen Gala“ vorzustellen, luden Frank- Dieter Freiling (Verlagsleiter), Marco Schenz (Chefredakteur III.) und Bernd Klosterfelde (Geschäftsführer) am Mittwoch morgen „die Herrschaften“ zur Pressekonferenz.

Zu Beginn übte sich Marco Schenz in metaphernumwobener Selbstkritik. Wie eine wundervolle Altbauwohnung mit hohen Wänden und Flügeltüren sei die Zeitschrift Gala gewesen, aber spätestens in der Küche hätte sich die Frage gestellt, „ob hier die Hausfrau jemals zu Werke gegangen ist“. Locker, flockig, im Wiener Schmäh plauderte der Chefredakteur weiter: Genau diese Kühle und Distanz solle jetzt in der neuen Gala mit Leben gefüllt werden. Näher ran in den Texten, heißt die Parole, damit „in der Küche tatsächlich gekocht wird“.

Wie das gehen soll, davon darf sich die angepeilte Leserinnenschaft (Damen um die Ende 30, Anfang 40 mit guter Schuldbildung und gehobenem Einkommen) gleich auf dem Titel ein Bild machen: Margarethe Schreinemakers, glücklich mit Sohn Kristoph auf dem Arm, berichtet über „meine Freude, meine Tränen, meine Ängste“. An intimen Details aus dem Prä- und Après-Geburtskanal wird nicht gespart, und – welche Fans wollten das nicht schon immer wissen – „das Familienbett ist zwei Meter achtzig breit“.

Die Homestory aus dem Reich der großen Fernsehfamilie entspricht dem neuen Gala-Werbeslogan „Privat, Prominent, Persönlich“. Die Heftaufteilung orientiert sich am Dreierpack: Aktuelles, Lebensart und Society. Feste Rubriken sind ebenfalls geplant. Das Interview der Woche gibt US-Präsidentengattin Hillary Clinton zum Thema: „Kinder, Küche und politische Kampagnen“.

Spätestens jetzt dürfte der Trend Richtung very yellow klar sein. Völlig unklar ist jedoch, ob sich mit solchen Geschichten ernsthaft 30.000 neue Leserinnen gewonnen werden können. Davon abgesehen, ist das Format von Gala immer noch größer als eine Bratpfanne und kann wirklich bequem nur in einer Hollywoodschaukel genossen werden.

Ansatzweise neu ist vielleicht das, was die Chefetage die „optische Opulenz“ nennt. Die Fotos sind flächiger geworden, und das Layout erinnert nicht mehr allzusehr an eine Hochglanz-Bravo für Erwachsene.

Der erweiterte Blickwinkel führte fatalerweise bei G+J gleich zum Größenwahn. Stolz verkündete Verlagsleiter Freiling, im Frühjahr 1997 werde das Leute- Magazin auf dem Bildschirm erscheinen. Entsprechende Verhandlungen über „Gala-TV“ würden schon mit drei Sendern geführt, öffentlich-rechtlichen wie privaten. Ein Moderator sei auch schon gefunden, der erste Plot wird abgedreht. Mehr wurde vorerst nicht verraten.

Bleibt die Frage, ob diese Ankündigung nicht letztlich als eine leere Drohung gewertet werden kann. Denn auch die geplanten Fenrsehsendungen der Frauenzeitschriften Amica und Brigitte kreisen bislang unrealisiert im Orbit der Produktionsfirmen. Für ein weiteres Projekt – und sei es kurz vor dem Absturz – ist da bestimmt noch Platz. Ragna Reissert