■ Mit dem Chinahandel auf du und du
: Nicht nur leisetreten

„China ist eine Zeitbombe“, meint Han Dongfang, ein junger chinesischer Gewerkschaftler, der seit 1989 (seit 1993 von Hongkong aus) für die Rechte der chinesischen Arbeiter kämpft. Für ihn ist klar: Einige wenige, die die Macht in den Händen halten – vor allem die politischen Funktionäre und ihre Söhne und Töchter –, würden immer reicher und nützten ihre Privilegien hemmungslos aus. Die Korruption nehme ständig zu. Auf der Strecke blieben die Arbeiter.

„Aber sie organisieren sich. Sie müssen nicht aufgewiegelt werden“, so Han. Ihre Situation sei inakzeptabel, die Arbeitsbedingungen häufig katastrophal, ein Mitsprache- oder Arbeitsrecht gebe es nicht. 1989 hätten die Arbeiter noch friedlich demonstriert „Aber das nächste Mal? Was sollen sie machen? Sie haben nur noch die Gewalt.“

„Neue Märkte um jeden Preis – über Demokratie und Menschenrechte“ war das Thema der zweiten Münchner China-Diskussion am Mittwoch in der Muffathalle. Mehr Demokratie durch Handel? Für Han ist dieser von Anhängern des uneingeschränkten Handels behauptete Automatismus ein „Blödsinn“.

Überraschend aber auch, daß sich die beiden Vertreter der Wirtschaft – Helmut Janus von der China-Consult und Karl Busch, der seit 1978 in China Vakuumpumpen herstellen läßt – keineswegs für eine Leisetreterei der deutschen Politik aussprachen. Janus meinte, daß „man da schon mal sehr laut und sehr deutlich was sagen sollte, weil einfach nicht nachgewiesen ist, daß stille Diplomatie Wirkung zeigt“. Dennoch wirken nach seiner Ansicht ausländische Investitionen der Zeitbombe im positiven Sinne entgegen. Eine These, der sich auch Busch anschloß, in dessen Joint- venture es im übrigen schon immer Mitbestimmung gebe.

Selbst Han gab zu, daß die deutschen Unternehmer sich in China in dieser Hinsicht besser aufführen als andere. So zeichnete sich am Ende des Abends eine merkwürdige Allianz ab. Es schien, als könnten die von Han Dongfang beschworenen Arbeiterfäuste am besten im Verein mit aufgeklärten deutschen Industriellen die Lage der arbeitenden Klassen in China verbessern. Wenn dann Kinkel bei Li Peng mit eben diesen Fäusten auf den Tisch hauen würde, stünde einer für alle Seiten gedeihlichen Entwicklung des Chinahandels nichts mehr im Wege. Wenn das keine postmodernen Aussichten sind. Thomas Pampuch