Schwulenrepublik Berlin

■ Rathaus mit Regenbogenfahnen beflaggt. CDU-Innensenator schäumt

Berlin (taz) – Steht Berlin kurz davor, die Schwulenrepublik auszurufen? Berlins Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) hat jetzt den bunten Farben der Regenbogenfahne, dem weltweiten Symbol der Lesben und Schwulen, den Kampf angesagt. Die Bezirksbürgermeisterin des Westberliner Bezirks Schöneberg, Elisabeth Ziemer (Bündnis 90/Die Grünen), hatte für gestern die Beflaggung von acht leeren Fahnenmasten vor dem Rathaus mit acht Regenbogenfahnen angekündigt. Weil in Schöneberg, einer traditionellen Hochburg der Bewegung, am Wochenende zum vierten Mal ein lesbisch-schwules Straßenfest stattfindet, will Ziemer ein „Signal gegen Diskriminierung“ setzen. Sie ist die Schirmherrin des Festes und beschloß die Beflaggung mit Zustimmung des Bezirksamtes.

Nein, schrie Ex-General Schönbohm auf und fuchtelte mit der „Beflaggungsverordnung“: Zwar könnten „nach Paragraph 2 örtliche Beflaggungen aus besonderem Anlaß auch mit Zustimmung des Bezirksamtes erfolgen“. Doch das Straßenfest im Rahmen des Christopher Street Days sei ein „bezirksübergreifender Anlaß“, der gemäß „Paragraph 3 Abs. 2 der Beflaggungsverordnung“ seiner Zustimmung bedürfe. Die sei weder beantragt noch erteilt worden. „Wir untersagen deshalb eine Veränderung und Erweiterung der am Rathaus Schöneberg bestehenden Beflaggung“, teilte Schönbohm mit.

Ziemer indes, die bisher vergeblich appellierte, daraus kein „Staatspolitikum“ zu machen, läßt sich das Bezirkszepter nicht aus der Hand nehmen. Gestern hißte sie unter dem Jubel von etwa 50 Schwulen und Lesben acht Regenbogenfahnen vor dem Rathaus. „Wir nehmen das zur Kenntnis“, teilte die Innenverwaltung mit. Die Fahnen sollen bis zum 30. 6., dem Ende der Lesben- und Schwulentage, in trauter Nähe zu Deutschland- und Berlinflaggen im Winde wehen. Mit der Beflaggung wurde erstmals in der Geschichte Deutschlands ein öffentliches Gebäude mit Regenbogenfahnen geschmückt. Barbara Bollwahn