Japan entschuldigt sich für Kriegsgreuel

■ Hashimoto und Kim suchen nach einem Neubeginn für die japanisch- südkoreanischen Beziehungen. Wichtigstes Thema: die Fußball-WM 2002

Tokio (taz) – Zum Abschluß seines Südkoreabesuchs hat sich Japans Ministerpräsident Ryutaro Hashimoto für die Besetzung Koreas und die begangenen Kriegsgreuel entschuldigt. Während der 35jährigen Besatzung seien den Koreanern „unerträgliche Wunden“ zugefügt worden, sagte er gestern. Die umstrittene Frage der Entschädigungen sprach Hashimoto aber nicht an. Ebenso ausgespart blieb der Streit zwischen beiden Staaten um die Inselgruppe Tokdo (japanisch: Takeshima), die nach Auffassung Tokios in japanischem, nach Ansicht Seouls in südkoreanischem Gewässer liegt.

„Niemals zuvor sind Ehre und Stolz von Frauen so verletzt worden“, sagte Japans Premier Hashimoto in Anspielung auf das Schicksal Tausender koreanischer Frauen, die während des Zweiten Weltkriegs von Soldaten der japanischen Armeen vergewaltigt worden waren. Allerdings können deutliche Worte am schlechten Zustand der Beziehungen zwischen den größten Demokratien Ostasien längst nichts mehr ändern. Im übrigen hielten sich die Regierungschefs an leichtere Themen: Die gemeinsame Austragung der Fußballweltmeisterschaft im Jahr 2002 und der Umgang mit dem stalinistischen Nordkorea. So tauschten Kim und Hashimoto zum Abschied signierte Fußbälle aus und bekräftigten den gemeinsamen Wunsch, daß „der Fußball beiden Nationen helfen möge, die Schwierigkeiten der Vergangenheit zu überwinden“ (Kim).

Fromme Fußballwünsche und eine nach außen harmonische Gipfelshow mit offenen Hemdkragen können angesichts der tiefen Verstimmung zwischen beiden Ländern bereits als Erfolg gewertet werden. In Japan werden die koreanischen Anliegen vor allem mit Ignoranz gestraft. Typisch ist, daß die Tokioter Medien gestern die durchaus ungewöhnliche Entschuldigung Hashimotos weitgehend ignorierten. In Südkorea dagegen vereint kein Thema die Nation mehr als der Kampf um die verlorene Ehre mit Japan: Der heftige Streit um die Fußball-WM wurde von Seouler Politikern wohl nur deshalb aufgenommen, weil der Gegner Japan hieß, das sich lange vor Südkorea beworben hatte. Den Gewinn eines Teils der Austragung feierten koreanische Politiker dann immer noch als Sieg über Japan. In keiner anderen Frage sind SüdkoreanerInnen so leicht erregbar: Jedes kriegsverherrlichende Wort eines japanisches Politgreises wird mit Titelspalten in allen Zeitungen bedacht. Die leiseste Regung Tokios, ins internationale Geschehen einzugreifen, gilt in Seoul als Remilitarisierungsversuch.

Für beide Länder steht der wichtigste Partner, die USA, einer Annäherung im Wege. Seit dem Weltkrieg hat Washington eine Teile-und-herrsche-Strategie verfolgt und sie der Aussöhnung zwischen seinen wichtigsten Verbündeten in Asien vorgezogen. Jüngstes Beispiel dafür sind die Hilfslieferungen an Nordkorea, zu denen Washington erst Tokio überredete, um dann mit Japans Zustimmung das verärgerte Seoul zum Kotau zu zwingen. Trotzdem bietet gerade der Fall Nordkorea den Regierungen in Tokio und Seoul eine Dialogchance: Beide sehen ein, daß die Verteidigung gegen das hochgerüstete Pjöngjang ihr ureigenes Problem ist, während Washington nur aus der Ferne zuschaut. Georg Blume