Ein Handgriff genügt

■ Neue Bibliographie für leichten Zugriff auf Komponistinnen-Archivbestand

„Wir hatten einfach keine Lust mehr, Kompositionen von Frauen wie eine Stecknadel im Heu zu suchen“, sagt Jeanne Rosenstein. So entstand die Idee, eine eigene Publikation herauszugeben, in der in Bremen vorhandene Notendrucke von Frauen erfaßt werden. „Noten und Tonträger von Komponistinnen in der Staats- und Universitätsbibliothek und in der Musikbibliothek in Bremen“, heißt wenig griffig die Bibliographie, die jetzt vorgestellt wurde. Jeanne Rosenstein hat als wissenschaftliche Mitarbeiterin unter der Obhut der Professorin für Musikwissenschaft Eva Rieger die Titel zusammengestellt, Herausgeber ist das Institut für Musikpädagogik und die WE Frauenforschung der Universität Bremen.

Die Zahlen sind ebenso interessant und verblüffend wie auch erschreckend. Immerhin nennt das Verzeichnis 275 Komponistinnen, aber die 400 Titel der Universitätsbibliothek und die 450 der Musikbibliothek sind jeweils gerade ein Prozent des jeweiligen Gesamtbestandes. Während noch Clara Schumann im 19. Jahrhundert meinte, es habe niemals Komponistinnen gegeben, ist diese Publikation eine der inzwischen zahlreichen Beiträge, die das jahrhundertelang ausgegrenzte Erbe von Musikerinnen erfassen, dokumentieren und hoffentlich einen Ausspruch wie den von Rudolf Walter Leonhardt eines Tages unmöglich machen: „Männer können Musik besser als Frauen. 6000 Jahre Musikgeschichte liefern dafür eine Kette von Beweisen ohne Ende.“

Die Musiktitel sind in der Broschüre nach Gattungen und Besetzungen aufgeteilt, der Standort und die Signatur genannt und die Komponistinnen noch einmal alphabetisch aufgelistet. Gute Nutzbarkeit also für Laien und Profis, die man für 2,50 Mark bei den bremischen Musikalienhändlern, der Universitätsbuchhandlung und dem Buchladen im Ostertor erstehen kann. Für Peter Hombeck von der Stadtbibliothek und Ute Röse von der Musikbibliothek ging es bei der Vorstellung der neuen Bibliographie auch um Image-Fragen, weil „einfach noch mehr deutlich gemacht werden muß, daß wir nicht nur für Fachleute, sondern für alle da sind“ (Röse). 120 000 Ausleihen 1995 bestätigen diesen Ansatz. Die Leiterin der Stadtbibliotheken, Barbara Lison-Ziessow, bekräftigte, daß es Kürzungen unter ihrer Leitung nicht geben wird. Was so gut klingt , daß man es in Bremen schon wieder kaum glauben mag . Ute Schalz-Laurenze