Nur warme Worte

■ Auch 21 Jahre danach gibt es für die Bremer Berufsverbote-Opfer keine Wiedergutmachung

Mehr als 20 Jahre nach den ersten Berufsverboten: Niedersachsen zahlt einer Lehrerin, die wegen des Radikalenerlasses vier Jahre lang nicht mehr Lehrerin sein durfte, einen Schadensersatz. Sie war bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg gezogen. Ihre Entlassung wegen Mitgliedschaft in der Deutschen Kommunistischen Partei habe gegen das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung verstoßen, hatte das Gericht schon im letzten Oktober geurteilt. Ein Zeichen für Bremen? Mitnichten. In Bremen haben die Opfer bislang keinen Pfennig gesehen, und so wird es auch bleiben. Mehr als warme Worte gibt es nicht, mit Glück vielleicht sogar vom Bürgermeister persönlich: „Heute bin ich gerne bereit, Ihnen mein Bedauern darüber auszusprechen, daß diese materielle „Wiedergutmachung“ zur Zeit nicht möglich ist“, schrieb Henning Scherf Mitte Juni in einem Brief an ein Berufsverbotsopfer. Aber wenigstens wolle er ausdrücken, „daß Ihre politische und moralische Rehabilitation mein ausdrücklicher Wunsch ist.“

Mitte bis Ende der 80er Jahre sind die Bremer Berufsverboteopfer – wenn sie wollten – wieder in den Staatsdienst übernommen worden, doch die entgangenen Sozialversicherungsbeiträge wurden nie nachbezahlt, eine Entschädigung sowieso nicht, und verbeamtet wurden sie schon gar nicht.

Zum Beispiel Barbara Larisch: Im März 1973 kam sie in den Schuldienst, im Mai 1975 hatte sie ihr erstes Dienstgespräch wegen ihres politischen Engagements beim Kommunistischen Bund Westdeutschland, 1979 bekam sie ihr Entlassungsschreiben wegen mangelnder Verfassungstreue. Sofort entlassen wurde sie nur deshalb nicht, weil LehrerInnen, Eltern und SchülerInnen der Gesamtschule Ost mit Schulbesetzung drohten. Entlassen wurde sie schließlich nach einem ersten Prozeß im Jahre 1981. Da hatte sie achteinhalb Jahre als „Beamtin auf Probe“ hinter sich, und das mit einem glänzenden Dienstzeugnis ihres Schulleiters. Was folgte, waren viereinhalb Jahre Prozesse, viereinhalb Jahre Honorarjobs, viereinhalb Jahre Kampf, in dem der Senat eigens einen Beschluß faßte, daß Barbara Larisch keine ABM-Stelle bei der Volkshochschule bekommen sollte. Sie bekam sie doch, weil der damalige Arbeitsamtschef sich nicht um den Beschluß scherte. 1985, als die Bremer Verwaltung die Zügel lockerte, wurde sie wieder eingestellt, zunächst auf einer halben Stelle, und sowieso als Angestellte.

Von Wiedergutmachung wollte das Land aber nichts wissen. Mehrfach haben Barbara Larisch und andere Betroffene Vorstöße gemacht – allesamt fruchtlos. Nun wollte sie gemeinsam mit einer Kollegin wenigstens wieder verbeamtet werden. Aber selbst da zeigt die Landesregierung die kalte Schulter. Selbst ein persönliches Gespräch mit Henning Scherf brachte nichts ein – außer dem Brief. Er habe sich bemüht, die politische Rehabilitation und eine Verbeamtung durchzusetzen, schrieb Scherf. „In diesem Bemühen bin ich an Grundsatzentscheidungen des Senats zur Frage der Verbeamtung und der Beschäftigung „wie vor der Entlassung“ gescheitert.“ Gemeint ist der Beschluß, daß niemand Beamter werden darf, der älter als vierzig Jahre ist. Pech. Mehr Glück dagegen haben die angestellten LehrerInnen, die sich verpflichen, freiwillig von Bremen nach Bremerhaven zu gehen. Wer das tut, kann auf eine Verbeamtung hoffen. Per Zufall hat Barbara Larisch eine solche Lehrerin kennengelernt. „Und sie ist 44. Ich finde es nur noch schäbig, wie mit uns umgegangen wird, und ich bin es langsam leid. Das sind jetzt 21 Jahre, da wird man müde.“ J.G.