■ Rundumschlag
: Es wird ein Bakunin-Denkmal geben – Beiträge zum Anarchismus, Teil 1

„Muß man denn zerreißen, um zu genießen? Glaubs fast [...] ganze Stücke schmecken schlecht [...]“, dieser Ausruf Christian Grabbes paßt am besten zu unserem Alt-Wilden Bakunin. – 1919 gab es in Moskau das erste Bakunin-Denkmal und nun, nach exakt 77 Jahren sind die ersten Schritte zum 2. getan. – 77 = eine Schnapszahl – und wo entstand die Idee, Maler, Bildhauer, Musiker, Erfinder und Dichter aufzufordern, an dem Wettbewerb teilzunehmen? Richtig: in einem griechischen Getränkestützpunkt.

Apropos Stützpunkt: Auf einem Pulverfaß sitzend und Zigarre rauchend, der Russe Bakunin. Karten und Pläne studierend, Anweisungen gebend, verhinderte er, daß das Pechsieden untersagt wird. Pechkränze und Pechfackeln werden weiter hergestellt, auch das Pulver – in Zentnermassen – bleibt im Rathaus. Das Pulver des Dresdner Maiaufstandes 1849 ist längst verschossen – aus der Geschichte werden Geschichten, was keineswegs als Negierung aufgefaßt werden kann. ? Bakunin – ein Denkmal ! Puristen pöbelten: Das ist Blasphemie. Funktionäre und Fanatiker der Formlosigkeit faselten von Anachronismus; Fromme frömmelten: Altäre braucht Bakunin nicht, auch nicht 120 Jahre nach seinem Tode, was er braucht, ist Gerechtigkeit. Allmächtiger: Gerechtigkeit? Schön und gut, wer daran glaubt, doch wir haben anderes im Sinn: Anarchie ist die Fortsetzung des Chaos ohne Mittel (Kapielski), und das heißt nichts anderes: Es wird ein Bakunin-Denkmal geben.

Natürlich sind wir Spinner, Phantasten, Romantiker, wir lehnen diese wurmstichigen Ikonoklasten ab; selbstredend sollst du dir ein Abbild bauen, basteln und vertonen. Wir wollen nicht auf dem Friedhof des Unsichtbaren wiederauferstehen. Wir sind Herren und Frauen unserer Sinne, dümpeln nicht in der Wort- und Bildlosigkeit herum. Die „reine“ Idee, diese bleiche Strohwitwe des Handelns, sie ist nicht mehr satisfaktionsfähig: Die schöpferische Tat allein macht frei, und der Versuch, unsere Begierden zu bestatten, wird auf jeden Fall scheitern. Also, nehmen'se mal Haltung an, stehen'se bequem: Es wird ein Bakunin-Denkmal geben, die ersten 100 können in der NGBK in der Oranienstraße 25 besichtigt werden. Bernd Kramer