Früher, unter rosa Himmeln

■ Das Sommermusical „Crazy For You“ hatte im Schauspielhaus Premiere

Zeitmaschinen sind in. Doch während es in Time Rocker nur darum geht, ist Crazy For You insgesamt eine. Mit großem Aufwand (wie Maschinen nun einmal sind) führt sie die Zuschauer zurück in bessere Broadway-Zeiten, als noch nicht die englischen Sirs mit ihren spätsinfonischen Katzenklang die Musical-Bühnen beherrschten. Hier geht es um Vollwertkost: Gershwin nämlich, den Schöpfer der ersten wirklich amerikanischen Oper, und um seine Lieder, die großen wie die kleineren, vergessenen. Den Text hat Ken Ludwig geschrieben, der sonst äußerst erfolgreiche Komödien schreibt.

Er erzählt die Geschichte des tanzwütigen Bobby, der von der reichen Mama in die Prärie geschickt wird, wo er ein hübsches Mädel vor dem Ruin rettet, ein Theater wieder aufpäppelt und vielleicht selbst erwachsen wird. Es muß frustierend für die amerikanischen Darsteller sein, hilflos weiterspielen zu müssen, während der durchaus nicht zu knappe Wortwitz von Ludwigs komödiengeschulten Dialogen im Nichtverstehen verpufft. Aber so wirklich wichtig ist die Geschichte eh nicht – wie das bei Musicals halt so ist, ist sie ein Vorwand für die Reihung von Musiknummern.

Und die haben es in sich: Zur Musik von George Gershwin werden da Prunk und Pomp aufgefahren wie in guten alten Zeiten, werden hunderte Köstüme aufgeführt, Tableaus erstellt und weggetanzt, und gerade in den großen Ensemblenummern weht es dann von den Gleisen am Hauptbahnhof wie vom Times Square herüber.

Genau das, was Ken Ludwig perfekt geschafft hat, schafft auch die ganze Inszenierung: ein gelungenes Pastiche, eine spielerische Variante althergebrachter Formen, eine Aneignung, die nicht ironisch, sondern einfach genießerisch ist. Kitsch ist hier wirklich kitschig, Küsse kriegen rosarote Himmel, Witz ist hier wirklich schamlos nur Witz, so plump das manchmal sein mag, und doch oft an der Grenze zum besseren Slapstick, und auch die Charaktere sind nur wie ihre positivistischen Hüllen. So ist das Leben: einfach, geradeheraus und mit viel Platz für Gershwin.

Nicht alle Darsteller – und das ist dann doch der einzige Unterschied zum Broadway – haben allerdings die Perfektion der klassischen Inszenierung: Während Patrick Boyd (der auch mal als Zauberer auf Kreuzfahrtschiffen auftritt) als Bobby stimmlich perfekt war und mit Gummibeinen und Körperwitz manchmal an „The Mask“ erinnerte, blieb Mia Malm als hübsches Landei stimmlich etwas überfordert. Aber was macht das schon; das Orchester hat CD-Vollklang, und wenn das Finale enttäuscht, dann nur, weil es so knapp ist.

Thomas Plaichinger