Bretter aus aller Welt

■ Das Leben des Schachmeisters Akiba Rubinstein im Jüdischen Museum Wien

Über Schachbrettern schweigt man international schwer konzentriert und wird dennoch nahezu überall verstanden. In Burma etwa, Indien oder der Mongolei. Auch aus diesen Ländern stammen die Schachfiguren, die derzeit im Jüdischen Museum der Stadt Wien zu sehen sind. „Ein Lied der Vernunft“, lautet das etwas vollmundige Ausstellungsmotto. Doch es geht dabei nicht, wie der Untertitel nahelegt, um „Die Welt in 64 Feldern“. Es geht mitunter und vor allem um einen Tag im Leben Akiba Rubinsteins (1882– 1961), dem legendären polnischen Schachgenie.

Karlsbad, 5. August 1929. Eines der letzten großen Schachturniere vor dem Zweiten Weltkrieg ist im Gange. In der fünften Runde trifft Rubinstein auf den Wiener Ernst Grünfeld. 26 Züge folgen, die für die Schau nun nachgestellt wurden. Jedem Spielstand gilt ein Figurenset. Mittelalterliche Walroßzahnschnitzereien von der Isle of Lewis zeigen den gewohnten Eröffnungszug Rubinsteins, die dramatische Schlußphase vermitteln Werke mit Max Ernst, Alexander Calder und Ecke Bonk (der auch die Schau mitgestaltet hat).

Neun Jahrhunderte der Gestaltung, die verblüffend ähnliche Lösungen für Schachfiguren erbracht haben. Und auf der anderen Seite ein Spielerleben, so informieren die Schrifttafeln über Rubinstein, das von antisemitischer Verfolgung und tiefen Depressionen geprägt war. Ein Tag, ein Spiel, das dies alles zusammenfaßt. Den Organisatoren der Ausstellung, Ernst Strouhal und Eva Blimlinger, ist ein sehenswertes Sandwich der Zeitebenen gelungen. Stephan Trüby

„Ein Lied der Vernunft. Schach: Die Welt in 64 Feldern“, bis 30. 6., Jüdisches Museum Wien. Buch zur Ausstellung: Ernst Strouhals „Acht mal acht – zur Kunst des Schachspiels“, Springer Verlag