■ Querspalte: Zwerg Nase mit Pflaster
Vermutlich sitzen die portugiesischen Spieler inzwischen zu Hause und fragen sich immer noch, wieso sie eigentlich bei der Europameisterschaft in England gegen die Tschechen ausgeschieden sind. Dabei ist die Antwort so einfach: Es lag am Nasenpflaster. Vielleicht hätten sie doch besser erst ihren Arzt oder Apotheker nach Risiken und Nebenwirkungen fragen sollen, bevor sie sich das häßliche Ding mitten ins Gesicht pappten. Möglicherweise öffnet das als „Breathe Right“ gerühmte Produkt aus den USA ja tatsächlich die Atemwege, aber was es auf jeden Fall verstopft, ist der Torriecher.
Nicht umsonst sind sämtliche Nasenpflasterteams zügig ausgeschieden, zuallererst die Vorreiter auf diesem Gebiet, die Rumänen. Es folgten Türken, Bulgaren und Italiener, wo bei Casiraghi die Treffer verhindernde Wirkung erst mit einer gewissen Verzögerung eintrat. Im Viertelfinale dann erwischte es Spanier, Kroaten und zuletzt auch die Portugiesen, nachdem selbst der geniale Mittelfeldstar Rui Costa dem Klebeteil aufgesessen war, das ein Schnarcher in den USA zur Bekämpfung selbiger ruhestörender Aktivität entwickelt hatte. In englischen und deutschen Apotheken ist die Nachfrage nach dem Pflaster, das nicht nur DFB- Arzt Kindermann für Humbug hält, seit Beginn der EM rapide angestiegen, und Bayern Münchens Jugendwart Wolfgang Dremmler wartet darauf, daß „der erste C-Klasse-Spieler das Ding trägt“.
Das epidemische Ausscheiden der fußballernden Epigonen dieses Trends sollte den Käufern jedoch zu denken geben. Als besonders warnendes Beispiel könnte der Fall des Kroaten Stimac dienen, welcher gegen Deutschland wegen eines Schubsers vom Platz mußte, für den Klinsmann vom Schiedsrichter vermutlich ein freundliches Schulterklopfen bekommen hätte. Aber mit so einer Nase...
Englands Reservestürmer Robby Fowler ist nunmehr der letzte im Turnier verbliebene Jünger vom Orden der Bepflasterten. Coach Terry Venables sollte sich hüten, ihn heute gegen das deutsche Team aufzustellen. Matti Lieske
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