Norwegen bläst zum Walali

■ Die Internationale Walfangkommission verhandelt hinter verschlossenen Türen über die neuen Fangquoten

Aberdeen (taz) – Am Montag schlossen sich die Türen hinter der 48. Jahrestagung der Internationalen Walfangkommission (IWC) im schottischen Aberdeen. Seither wird unter Ausschluß der Öffentlichkeit über Abschußquoten, Bestandsschätzungen sowie über die Grenzlinie zwischen humanem Sterben und Abschlachten diskutiert. Was auch immer zum Wochenende als Ergebnis präsentiert wird, eine Lösung des Streits um das Für und Wider des Walfangs ist nicht in Sicht.

Insgesamt sollen in diesem Jahr trotz des seit 1982 geltenden Verbots des kommerziellen Walfangs nach IWC-Angaben rund 1.000 Zwergwale gejagt werden, die höchste Fanquote seit zehn Jahren. Allgemein wird vermutet, daß Norwegen auf seine Sonderrolle besteht und zusätzlich zu den 425 in dieser Saison getöteten Zwergwalen weitere 200 verlangt. Greenpeace-Sprecherin Claire Insley zufolge macht sich die Umweltorganisation mehr Sorgen um die Norweger als um die Japaner. Die Norweger „denken, Walfang sei ihr gutes Recht, und das lediglich, weil sie es schon so lange tun“.

Die über 300 Delegierten aus 39 Ländern müssen sich diesmal auch mit delikateren Themen befassen. Forderungen von Naturvölkern in Rußland und den USA stellen die Anti-Walfang-Politik dieser Länder auf eine harte Probe. Die Makah-Indianer aus dem Bundesstaat Washington wollen erstmals seit 70 Jahren wieder fünf Grauwale fangen, und Rußland hat für die Bewohner der autonomen Region Chukotsi um die Jagd auf fünf Grönlandwale nachgefragt.

Die Walfangkommission ist keine Anti-Walfang-Organisation, sondern wurde ins Leben gerufen, um das außer Kontrolle geratene Abschlachten der Meeressäuger zu regulieren. Norwegen, Japan und weitere kleinere Walfangstaaten sind überzeugt, es sei an der Zeit, den relativ strikten Schutz der Walbestände zu lockern. So ist es die Aufgabe der Konferenz, die emotional aufgeheizte Atmosphäre auf ein handhabbares Niveau zu dämpfen und gleichzeitig zu verhindern, daß die Walfangstaaten aus dem IWC ausscheren. Denn damit wäre dem unkontrollierten Walfang Tür und Tor geöffnet. Hans-Jürgen Marter