■ Cash & Crash
: Kupferschmelze

Berlin (taz) – Wie hoch die Verluste, die das japanische Handelshaus Sumitomo mit dubiosen Kupfergeschäften machte, nun eigentlich sind, weiß man nach wie vor nicht. „Unsere Kupferpositionen im Markt sind außerordentlich kompliziert“, so ein Sumitomo- Sprecher wolkenreich. „Aber die Schätzungen der Financial Times von vier Milliarden US- Dollar klingen doch zu hoch.“ Jedenfalls kursieren Gerüchte an der Londoner Metallbörse, daß Sumitomo demnächst zwecks Geldbeschaffung einen Teil der schätzungsweise zwei Millionen Tonnen Kupfer auf den Markt werfen könnte, die das Unternehmen kontrolliert – immerhin ein Fünftel des Jahresbedarfs der Industrieländer.

In Vorwegnahme des drohenden Überangebots kollabierte der Preis. Bis zu 2.700 Dollar hatte die Tonne Kupfer im Mai gekostet. Allein über das letzte Wochenende stürzte der Preis für Drei-Monats-Kontrakte um 73 Dollar, gestern wurde Kupfer ganz leicht erholt für 1.845 Dollar gehandelt.

Die Milliardenverluste von Sumitomo haben die Aufmerksamkeit auf eine weniger bekannte Londoner Börse gelenkt: den London Metal Exchange (LME), über den 80 Prozent des weltweiten Kupferhandels abgewickelt werden. Vergangene Woche kündigte die britische Börsenaufsicht eine Untersuchung der Metallbörse an. Größere Transparenz und bessere Kontrolle der Händler sollen Abstürze wie die durch Sumitomo bewirkten künftig verhindern. Allerdings werfen sich die LME-Manager nichts vor, denn sie haben Sumitomo mehrmals auf das merkwürdige Geschäftsgebaren ihres Chefkupferhändlers aufmerksam gemacht, das erste Mal bereits 1991.

Der London Metal Exchange, der weltgrößte Markt für Nichteisenmetalle, setzte allein letztes Jahr 2,5 Billionen Dollar um mit Kupfer, Aluminium, Zinn, Blei, Nickel und Zink. Auf diesem Markt zu spekulieren kann spannend sein, denn die umgesetzten Mengen sind oft nicht hoch und die Marktteilnehmer wenige. Ein marktbeherrschendes Unternehmen wie Sumitomo kann also die Preise leicht manipulieren. Eine Kupferkrise fand schon mal vor zwei Jahren statt, als ein Händler des größten Kupferproduzenten, Codelco, 170 Millionen Dollar Verluste erspielte. Nicola Liebert