Formate der strafenden Erinnerung

■ Verhärtete Gesichtszüge: das Gefängnisdrama Last Dance mit einer alltäglichen Sharon Stone

Knastdramen haben Hochkonjunktur. Gerade liefen Dead Man Walking und Murder in the First, nun legt Bruce Beresford (Miss Daisy und ihr Chauffeur) einen Film dieses Genres nach. Doch Last Dance ist kein Thriller, eher ein rührendes Drama. Und wen es nicht in die Tränenseligkeit stürzt, muß garantiert hin und wieder trocken schlucken. Denn dieser Film geht einen an – aber nur weil das Thema immer schon rührte.

Gerade weil Last Dance auf genretypische Merkmale (sadistische Wärter, drakonisches Tyrannisieren oder waghalsige Ausbrüche) verzichtet, will Beresford Betroffenheit allein durch die bedrückende Nähe zum fatalen Schicksal der zum Tode Verurteilten evozieren. Kaum Musik stört die Wahrnehmung. Ruhige Schnitte und Nahaufnahmen stellen die Mimik der Delinquentin in den Mittelpunkt.

13 Jahre wartet die Doppelmörderin Cindy Liggett (Sharon Stone) in der Isolationshaft bereits auf ihre Hinrichtung. Ihre Vergangenheit außerhalb und in den Mauern der Vollzugsanstalt entstellte ihre Züge. „Zum ersten Mal in meinem Leben“, sagt sie etwas pathetisch, „kann ich einmal etwas richtig zu Ende bringen.“ Obwohl mehrere Gnadengesuche vom Gouverneur abgelehnt wurden, ist der junge, ambitionierte Anwalt Rick Taft (Rob Morrow) davon überzeugt, ihre Todesstrafe in eine lebenslängliche Haftstrafe umwandeln zu können. Sein fanatischer Einsatz für ihr Leben weckt in Cindy warme Gefühle. Beide verlieben sich in einander, hegen aber keine Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft.

Dabei brennt die effektverliebte Kameraführung von Peter James (Stummer Schrei) das Bild Cindys, von Gitterstäben umrahmt und eingesperrt in Hoffnungslosigkeit, auf die Netzhaut des Betrachters. In seinem Bildformat wird alles zur strafenden Erinnerung an eine Lebendigkeit jenseits der Lebensscheide. Gelegentlich aber bedient er auch puren Kitsch wie durch das symbolträchtige Bild eines kleinen Vogels, der vor der Kulisse des Staatsgefängnisses vom Stacheldraht in die Luft steigt.

Die zweifelsfreie Schuld ihres Falles ist es, die den Regisseur an diesem Fall reizte. Aber anstatt einen Film über die Sinnlosigkeit der Todesstrafe oder den Fatalismus des Wartens zu drehen, gerät Last Dance zum rührseligen Wollknäuel aus mehreren Erzählfäden, das ein grobmaschiges Muster aus Liebesfilm, Lynchjustizdrama und Korruption spinnt. Es wäre Zelluloidverschwendung, wenn nicht Sharon Stone die unter Cindys Härte versteckte Subtilität spüren ließe. La Stone zeigt sich wieder einmal als vielseitige Schauspielerin, die Häßlichkeit eines ungeschminkten Alltags nicht scheuend.

Britt-Kristin Feldmann

City, Hansa, Streits