Nachgefragt
: „Wir sind überfordert“

■ Warum Bremen Altöl von Schiffen nicht wieder kostenlos entsorgen will

Schwarze Löcher verunzieren das Watt. Die Strände der ostfriesischen Inseln Wangerooge und Spiekeroog sind mit Ölrückständen verdreckt. Umweltschützer wie der World Wide Fund fordern, die kostenlose Ölentsorgung für Schiffe wieder einzuführen. Warum das nicht passiert, wollten wir von Rüdiger Staats wissen. Er ist Pressesprecher von Häfensenator Uwe Beckmeyer (SPD).

taz: Warum führen Sie nicht einfach die kostenlose Ölentsorgung wieder ein?

Die Frage ist ganz einfach zu beantworten. Wir sind ein kleines Bundesland mit den bekannten Haushaltsnöten. Schon allein deshalb sind wir damit überfordert, die Probleme der Nordsee und die der Weltmeere insgesamt zu lösen.

Aber Bremen könnte einen kleinen Beitrag dazu leisten.

Ich vermute, daß höchstens drei bis fünf Prozent der Schiffe, die auf der Nordsee verkehren, Bremerhaven und Bremen als Zielhafen anlaufen. Mit anderen Worten: 95 Prozent der Schiffe fahren an uns vorbei. Deswegen ist Bremen nicht in der Lage, durch die kostenlose Entsorgung eine wesentliche Verbesserung der Lage zu bewirken.

Vielleicht würden aber mehr Schiffe Bremen anlaufen, wenn sie wüßten, daß sie hier ihr Öl kostenlos loswerden?

Das würde nur funktionieren, wenn es ein international abgestimmtes Vorgehen geben würde. Es fehlt an Regelungen, für die wir uns immer ausgesprochen haben. Ein Beispiel: Für den größten europäischen Hafen, Rotterdam, ist das Ganze überhaupt kein Thema. Auch dort kann man seine Ölrückstände als Kapitän oder Reeder beseitigen lassen. Aber der Verursacher zahlt selbst.

Und wenn die betroffenen Bundesländer an einem Strang ziehen würden und es auch auf europäischer Ebene eine Absprache geben würde?

Um diese Frage zu beantworten, muß ich an die Geschichte der kostenlosen Ölentsorgung erinnern: Es gab ein gemeinsames Demonstrationsvorhaben nach Marpol, und zwar in den Jahren 1988 bis 1991. Es war der Bund, der diese Sache mit angeschoben hat. Nach drei Jahren ist der Bund allerdings schnöde ausgestiegen. Er hat die Verantwortung für die Küstengewässer, für seine eigenen Hoheitsgewässer einfach an die Küstenländern abgegeben. Das hatte zur Folge – und daran möchte ich gerne erinnern – daß das Bundesland Schleswig-Holstein sofort ausgestiegen ist. Wir haben damals versucht, diesen Prozeß zu moderieren. Aber es war nicht möglich, die Küstenländer auf ein gemeinsames Vorgehen einzuschwören und auch den Bund an seine Verantwortung zu erinnern. Bremen hat trotz größter Haushaltsnöte bis zum Ende des Jahres 1995 diese kostenlose Ölentsorgung fortgeführt. Das hat uns per anno im Schnitt etwa 3,6 Millionen Mark gekostet. Wir haben dieses Geld aber nicht mehr. Und deshalb sind wir aus der kostenlosen Ölentsorgung ausgestiegen. Ich will in diesem Zusammenhang nochmal ausdrücklich an das Verursacher-Prinzip erinnern.

Damit riskiert man aber, daß die Schiffe ihr Öl einfach ins Meer leiten, weil ihnen die Ölentsorgung zu teuer ist.

Es gibt ja entsprechende Einrichtungen, wie zum Beispiel die Kontrolle aus der Luft. Da kann noch einiges getan werden. Man muß sich auch fragen, ob die Strafen, die derzeit ausgesprochen werden, nicht zu niedrig bemessen sind. So läuft man Gefahr, daß solche Vergehen wie Bagatellen betrachtet werden. Deshalb würde ich eher argumentieren: Kontrollen verschärfen und Strafen erhöhen. Das hat heute auch Verkehrsminister Mathias Wissmann (CDU) gefordert. Vor dem Hintergrund der aktuellen und bekannten Haushaltsnotlage Bremens sehen wir jedenfalls zur Zeit keine Möglichkeit, diese kostenlose Ölentsorgung wie vorgeschlagen wieder einzuführen. Fragen: Kerstin Schneider