■ Normalzeit
: Fundraising ist eine feine Sache

Beim „Pfand-Raising“ haben sich unter Berliner Pennern vor allem die Leergut-Straßencontainer bewährt: Man braucht dafür einen speziell zurückgebogenen Draht, dazu ist eine gewisse Sportlichkeit hilfreich. „Wenn der Sport der Bruder der Arbeit ist, dann ist Kunst die Cousine der Arbeitslosigkeit“, meint Thomas Kapielski.

KünstlerInnen und andere Freischaffende besorgen sich ihre Trinkgelder zunehmend über „Fundraising“ – und das stocknüchtern. Das hört sich dann zum Beispiel – in dem „Fundraising-Wegweiser“ von Marita Haibach – so an: „Versuchen Sie in einer Art Brainstorming eine Liste von Individuen zusammenzutragen, die möglicherweise bereit wären, Ihre Initiative/Nonprofit- Organisation zu unterstützen.“ Die wichtigste Fundraising-Methode, um „SpenderInnen zu gewinnen, ist das persönliche Gespräch“. Es ist „besonders dann, wenn Personen um größere Förderbeträge gebeten werden wollen, unumgänglich. (...) Ein Fundraising-Gespräch muß gut vorbereitet werden. (...) Es müssen Hintergrundinformationen über die entsprechende Person gesammelt (verfügbarer Besitz, beruflicher Werdegang, Hobbies, Familienverhältnisse) und vor allem die Hauptinteressen des/r GesprächspartnerIn ergründet werden.“ Außerdem sollte man zuerst selbst für die Sache spenden, „dann sind sie besser in der Lage, andere zu bitten“.

Was jedoch wenig nützt, wenn man daraus nichts zu machen versteht: „Ein Problem, besonders von Fundraising-Newcomern, ist die innere Barriere, andere um Spenden zu bitten. Diese Barriere läßt sich oft durch learning by doing überwinden.“ FundraiserInnen sollten „in einer Sprache reden, die dem Gegenüber angenehm ist (also nicht aggressiv oder aufgeladen mit politischen Kampfbegriffen).“

Man kann es zur Not auch schriftlich machen. Dann spricht die Fundraising-Expertin von „Mailing“. Dabei gilt es zu beachten: „Ein Mailing pro Jahr ist zu wenig.“ Bei „Massenspendenbriefen“ wiederum bedarf es eines ansprechenden Umschlags unter Verwendung eines Symbols. Hierbei hat sich insbesondere das Laborschiff Beluga von Greenpeace und der Pandabär des WWF bewährt. Manchmal tut es laut Marita Haibach auch eine „interessante Absenderangabe: In USA erhielt ich einen Spendenbrief von der bekannten Feministin Gloria Steinem.“ Dort haben sich anscheinend auch Sonderbriefmarken – „aber bitte keine Wohlfahrtsmarken, die fördern ein falsches Bild“ – bewährt. Und dann gibt es auch noch das „Tele-Fundraising“: Es hat weniger Streuverluste als das Mailing und erfreut sich in den USA zunehmender Beliebtheit: „Gerade Alleinlebende freuen sich über einen Anruf!“

Bei all diesen Methoden gilt: „Zentrale Voraussetzung für erfolgreiches Fundraising ist ein klares Leistungsprofil sowie die Fähigkeit, dieses nach außen darzustellen.“ Bei HausbesetzerInnen könnte das aus einer Liste der von ihnen besetzten Häuser bestehen, bei BürgerrechtlerInnen aus einer ausgewählten Anzahl von ihnen enttarnter IMs, OibEs und so weiter.

Wir können dieser knappen Aufzählung von „Leistungsprofilen“ bereits entnehmen: Fundraising ist wie die Kunst selbst eine feine Sache – macht aber viel Arbeit. Speziell bei der „Sponsorensuche“ von Frauen kommt noch hinzu, daß das „Klinkenputzen“ oft als „erniedrigend“ empfunden wird. Laut Marita Haibach sollten die Frauen das mit dem Sponsoring verbundene „Sich-Verkaufen“ jedoch als „etwas Normales“ empfinden“.

Ihr Buch ist im Campus-Verlag erschienen, in dem sonst meist akademische Soziologica veröffentlicht werden. Auch in der Wissenschaft wird gespart, das heißt nach Sponsoren gesucht – was dort Drittmittelakquisition genannt wird. Den „guten Rat im Buchformat“ von Marita Haibach gibt es in der neuen Reihe „campus concret“ – und er ist so gesehen auch ein konstruktiver Beitrag zur Abschaffung der Hochschulautonomie aus Einspargründen. Helmut Höge

wird fortgesetzt