■ Daumenkino
: Last Dance

Am Ende seiner Hollywood- Realsatire „The Player“ zeigt Robert Altman, was aus einer Drehbuchidee werden kann. Vom Film im Film sehen wir, Himmel sei Dank, nur den Schluß: Julia Roberts sitzt schon im Exekutionsraum, Schluchzen, Symphonieorchester etc., als in letzter Sekunde der Held hereinstürzt und die gerettete Schöne auf seinen Armen über die Gaskammerschwelle in Freiheit und Ehe trägt.

In Bruce Beresfords „Last Dance“ gibt es zwar kein Happy-End, in Sachen sülzige Ästhetik hält diese Todeszellenelegie aber durchaus mit Altmans Ende mit. Nur leider ist hier alles ernst gemeint.

Cindy Liggett ist anders als die anderen Gefangenen. Nicht nur, weil sie von Sharon Stone gespielt wird, die sich hier, zugegeben, einen rührend desolaten Look verschafft hat: braune, stumpfe Haare, die nach L'Oréal nur so schreien, verhärtetes Gesicht, ordinäre Gestik. Cindy ist anders, allein schon weil sie im Laufe des Films mindestens viermal betont, daß sie Fernsehen nicht ausstehen kann. Und wenn eine Parallelmontage die Damen der Death Row bei ihren Abendbeschäftigungen zeigt, vor der Glotze also oder beim stupiden Sticken von „The Lord is my Shepherd“- Kissen, dann sieht die Kamera Cindy beim Zeichnen zu.

Kurz: Cindy ist genau die Todeskandidatin, für die ein junger Jurist wie Großbürgersöhnchen Rick Hayes (Rob Morrow) um jeden Preis einen Gnadenerlaß erwirken will, für die er seine Karriere aufs Spiel setzt, in die er sich verlieben darf. Abgesehen von seiner formalen Primitivität, ewigem Schnitt- Gegenschnitt und der nicht abreißenden melodramatischen Musikuntermalung, ist es diese scheinheilige Dramaturgie, mit der „„Last Dance“ langweilt und ärgert. Auf der einen Seite denunziert Beresford ein Rechtssystem, das prestigeträchtige Todeskandidaten wie den farbigen Autor und Intellektuellen begnadigt, entblödet sich andererseits aber nicht, gleichzeitig genau die gleichen Hierarchien unter den weiblichen Gefangenen zu setzen. Und seinen verzogenen Bubihelden auch noch Sätze sagen zu lassen wie: „Das System sind wir.“

So zementiert diese weibliche Trash-Variante von „Dead Man Walking“ genau die Zustände, die sie anzuprangern vorgibt, und läßt nicht den leisesten Zweifel daran, daß sich unser idealistischer Azubi-Anwalt keinesfalls für die dicke, schwarze Schlampe in der Nachbarzelle eingesetzt hätte. Katja Nicodemus

„Last Dance“. Regie: Bruce Beresford; Buch: Ron Koslow. Mit Sharon Stone (Cindy Liggett), Rob Morrow (Rick Hayes), Peter Gallagher (John Hayes), Randy Quaid (Sam Burns)