USA vergrätzen Partner

Bill Clinton überwacht per Gesetz den Handel zwischen den Industrienationen und Kuba, Iran und Libyen. Wer nicht spurt, fliegt raus  ■ Aus Washington Andrea Böhm

Fidel Castro hätte sich wohl nie zu träumen gewagt, daß sich Kapitalisten aller Länder wegen ihm zerstreiten. Weil Benetton und Bayer, Mercedes Benz und Mitsubishi, der britische Tabakkonzern BAT und die Deutsche Bank in Kuba Geschäfte machen, drohen ihnen Sanktionen der US-Regierung und zivilrechtliche Klagen. Vorausgesetzt, sie profitieren in irgendeiner Weise von Land oder Produktionsmitteln, das Exilkubaner vor einem US-Gericht als ehemaligen Privatbesitz ausweisen können.

Vertreter der betreffenden Firmen sowie deren Familienangehörige müssen zudem auf US-Reisen verzichten: Sie erhalten keine Einreisegenehmigung mehr. Nach Angaben des Nachrichtenmagazins Time hat das US-Außenministerium den Vorstandsvorsitzenden des kanadischen Bergbaukonzerns Sherritt sowie den Telekommunikationsfirmen Grupo Domos in Mexiko und Stet in Italien brieflich angedroht, demnächst auf die Liste der unerwünschten Personen gesetzt zu werden. Mit Zivilklagen haben als erste der britische Zuckerex- und -importeur „ED&F Man“ sowie die niederländische Bank ING und der Tabakkonzern BAT zu rechnen.

Gemeinhin springt man mit Firmenvertretern befreundeter Nationen so nicht um. Schon gar nicht, wenn selbige auch kräftig in den USA investiert haben. Doch die jüngsten Drohgebärden sind erste Auswüchse des „Helms-Burton-Gesetzes“ zur Verschärfung des amerikanischen Handelsembargos gegen Kuba. Benannt nach den Initiatoren im US-Kongreß – dem republikanischen Abgeordneten im Repräsentantenhaus Dan Burton und dem Rechtsausleger im Senat, Jesse Helms – traf die Gesetzesvorlage lange Zeit auf Widerstand im Weißen Haus. Doch Präsident Bill Clinton gab nach und zückte den Stift zur Unterschrift. Die exilkubanische Lobby hatte nach dem Abschuß von zwei Privatflugzeugen mit Castrogegnern durch kubanische Abfangjäger massiv Druck ausgeübt.

Kurz vor dem gestern in Lyon begonnenen G-7-Gipfel hatten die EU-Regierungschefs bei ihrem Treffen in Florenz eine scharfe Protesterklärung nach Washington geschickt – und mit Vergeltungsmaßnahmen gedroht. Bereits im Mai hatte der EU-Botschafter in Washington, Hugo Paemen, beiden Kammern des US-Kongresses mitgeteilt, daß die EU bei der World Trade Organization (WTO) Einspruch gegen das „Helms-Burton-Gesetz“ eingelegt hat.

Einhellige Kritik an dem US- Gesetz ist auch aus Kanada, Mexiko und Lateinamerika zu hören. „Die USA schießen mit dem Helms-Burton-Gesetz auf ihre Freunde, nicht auf ihre Feinde“, erklärte Kanadas Handelsminister Arthur Eggleton.

Im US-Kongreß zeigt man sich von solchen Protestnoten wenig beeindruckt: Auf Initiative des republikanischen Senators Alfonse D'Amato liegt nun ein Gesetzentwurf zur Abstimmung vor, der Sanktionen gegen ausländische Firmen vorsieht, die größere Investitionen in Libyen und im Iran tätigen. Betroffen wären Firmen, die technisches Know-how und Geräte zur Ölförderung liefern oder innerhalb eines Jahres mehr als 40 Millionen Dollar investieren. Die Vorlage richtet sich vor allem gegen japanische, französische, italienische und deutsche Unternehmen. Das veranlaßte den bundesdeutschen Außenminister Klaus Kinkel bei seinem letzten USA- Besuch im Mai, vor einem drohenden Handelskrieg zwischen den USA und den anderen Industrienationen zu warnen. US-Firmen ist per Helms-Burton-Gesetz jede Geschäftsbeziehung mit Kuba verboten. Im Fall des Iran ist eine entsprechende Exekutivorder des Präsidenten in Kraft. Öffentlich mag dagegen kein Firmenchef protestieren. Doch hinter den Kulissen machen sie keinen Hehl daraus, daß sie vom Helms-Burton- Gesetz so wenig halten wie zuletzt vom Handelsembargo gegen Vietnam. Ins Zucker-, Tabak-, Zement- oder Tourismusgeschäft würden amerikanische Unternehmen liebend gerne selbst einsteigen, anstatt tatenlos der ausländischen Konkurrenz zusehen zu müssen. Auch Coca-Cola, der symbolträchtigste Vertreter des US- Kapitalismus, an dessen Spitze mittlerweile der Cubanoamerikaner Roberto Guizeto steht, wartet ungeduldig darauf, die rote Insel wieder mit seinem Gesöff beliefern zu dürfen. Über die Enteignung der alten Coca-Cola-Abfüllfabrik nach der Revolution würde man da kein Wort mehr verlieren.