■ Rosi Rolands Bremer Geschichten
: Wo noch offen regiert wird

Selten, aber hin und wieder doch dürfen Bremens Journalisten einen kleinen Blick ins Innere der Macht werfen. Am Donnerstag abend lud der Staatsrat im Rathaus, Reinhard Hoffmann, zum Hintergrundgespräch.

Nicht nur für den laufenden Haushalt 1996 und 1997, auch für die kommenden Jahre 1998 und 1999 hat der Senat, verriet Hoffmann, keinen Pfennig mehr als 1995 für Personalkosten eingeplant, eine Nullrunde um die andere sollen die KollegInnen drehen. Wie das mit der gerade beschlossenen 1,3 Prozent-Runde für 1997 gemacht werden soll, das ist aber noch offen. 1997, so schließt Hoffmann, ist das Experiment, da geht es „nur“ um 1,3 Prozent, wenn das klappt, wird es 1998 richtig ernst. Aber wenn die Ministerpräsidenten einhellig die 40-Stunden-Woche für Beamte wieder einführen, dann lassen die Gewerkschaften über bremische Nullrunden („Solidarpakt“) nicht mehr mit sich reden, da ist sich Hoffmann sicher. Für 1997 nicht und für 1998 nicht und für 1999 nicht. Also alles offen.

Neben dem Sparen hat der Senat auch das Verkaufen auf seine Fahnen geschrieben. Bilanz nach einem Jahr: alles offen. Die Entsorgungsbetriebe BEB sind demnächst dran. Nur: Solange nicht kar ist, wie die Machtverteilung zwischen der BEB-Holding und der Behörde sein wird, kann man schlecht über Preise reden. Und wenn man letztlich zu dem Ergebnis käme, daß eine Holding nicht erforderlich wäre...? Also alles offen.

Und wie steht es mit dem Umzug des Häfenressorts, das der zuständige Senator Beckmeyer für vergangenen Jahreswechsel angekündigt hatte? Das Gutachten liegt vor, es rechnet die Kosten gegen unbekannte psychologische Vorteile. Klare Kiste? Keineswegs. Im Anhang des Gutachtens steht, so findet Hoffmann, das Entscheidende: Beim Umzug könnte ein „Modernisierungseffekt“ er-reicht werden, schreiben die Wibera-Gutachter, der mehr bringt als die Umzugs-Kosten dagegen ausmachen: Das Häfenressort handele oft „im luftleeren Raum“, es gebe „viele Aktivitäten, die vielleicht nur in den Augen der unmittelbar Beteiligten so unverzichtbar und bedeutsam sind". Zu der Behörde zähle dabei auch die um sie herum angesiedelte Lobby – der Umzug, ein Befreiungsschlag.

Wenn das nun ein Argument ist, dann spricht einiges für den Umzug auch des Rathauses, alles offen, findet

Rosi Roland