Geh her, der Peter

Bar jeder Erotik und voller Sentimentalität – ein Mann, den die Frauen mögen: Am Sonntag wird Peter Alexander siebzig Jahre alt  ■ Von Elmar Kraushaar

Was für ein Urteil: „Er ist einem ja so ungemein sympathisch, weswegen man seine Vorträge sehr deutlich nicht bloß unbedarft, sondern verdummend nennen muß – also gefährlich.“ Das schreibt der hochnäsige Zeit-Kritiker Manfred Sack nach einem Konzert von Peter Alexander im März 1971. Dabei hat der Bösewicht nichts weiter als seinen Job getan, er hat die Menschen unterhalten. Und zwar aufs feinste: Mit all seinem Wiener Schmäh und ein paar Tanzschritten im richtigen Moment, mit einem Bariton, der ohne Umwege das Gemüt erreicht, und einem Drang zur Komik und Verwandlung, daß man losquietscht vor Vergnügen. Ein Entertainer halt, der hierzulande suspekt bleibt, weil es sonst keinen gibt in dieser Kategorie.

Um dahin zu gelangen, hat der in Wien gebürtige Herr Neumayer ordentlich geackert und von der Pike auf gelernt. Ein Arzt soll der Sohn eines Bankrats werden, doch immatrikuliert er sich nur pro forma 1946 an der Wiener Universität. Statt dessen studiert er Schauspiel am Max-Reinhardt-Seminar und an der Akademie für Musik und Darstellende Kunst. 1948 den Abschluß in der Tasche, bekommt Peter Alexander (so seine beiden Vornahmen) sofort ein Engagement am Wiener Bürgertheater.

Das Operettenhaus bietet ihm aber nicht mehr als ständig die zweite Besetzung. Das kann nicht alles sein, und so tritt er nebenbei in den Kabaretts und Nachtclubs der Stadt auf, singenderweise und immer einen Sketch dabei, seine berühmte Hans-Moser-Parodie wird geboren.

1951 nimmt ihn die Wiener Plattenfirma Austrophon unter Vertrag, und gleich die erste Aufnahme „Die Beine von Dolores“ wird ein Gassenhauer. Gleichzeitig arbeitet er als Quizmaster und Conférencier im Rundfunk, und beim österreichischen Alliiertensender Rot-Weiß-Rot darf er zweimal pro Woche als Sänger vor das Mikrophon. Als Alexander 1952 die Schauspielerin Hilde Hagen heiratet, ist es vorbei mit der Wiener Gemütlichkeit. Die ehrgeizige Ehefrau wird seine Managerin und verschafft ihm Engagements auf dem ungleich größeren Markt in Deutschland. Er wechselt die Plattenfirma und geht zu Polydor. 1953 wird er Sieger bei einem Münchner Schlagerwettbewerb, vor Deutschlands Schlagerelite wie Vico Torriani, Lys Assia, Gerhard Wendland und Conny Froboess.

Das Entree ist geschafft, der Rest nur noch steile Karriere: eine Platte nach der anderen, ein Schlagerfilm auf den nächsten. 1957 wählten ihn Deutschlands Kinobesitzer zum Nachwuchsdarsteller des Jahres, seine Filme laufen fortan als Peter-Alexander-Filme.

Dabei ist so gar nichts dran an dem Mann. Nett schaut er halt aus, charmant kann er sein, und immer ist er bereit für einen Jux. Dabei kokettiert er ordentlich mit seinem Talent, mimt hervorragend den Bescheidenen und Schüchternen. Ein Mann also, der so gar nicht damit protzt, der ganz jugendlich erscheint und doch schon einen Anzug tragen kann, der Blumen mitbringt zum Rendezvous und auf dem Nachhauseweg den Clown spielt, damit es nicht zum Äußersten kommt. Bar jeder Erotik und voller Sentimentalität wird er zum Schwarm der Frauen. Die Quittung dafür erhält er 1984, als er Erster wird bei einer Umfrage nach dem Mann, den die Frauen mögen.

Das Image paßt, die Lieder sind maßgeschneidert und werden Hits in den sechziger und siebziger Jahren: „Der letzte Walzer“, „Die kleine Kneipe“, „Der Papa wird's schon richten“, „Hier ist ein Mensch“. Die Filmerei gibt er derweil auf und konzentriert sich ganz aufs Fernsehen. 1969 läuft im ZDF seine erste Personality-Show, und in den darauffolgenden Jahren übertrumpft er seine eigenen Quotenrekorde bei jeder neuen Show. Hier hat er seine Bühne gefunden und zieht ordentlich vom Leder, ein Böhmen-Lied jagt das nächste, Evergreens sind dabei, Tagesschlager und Welthits. Zwischendrin parodiert er querbeet alle und jeden, von Robert Lembke über Professor Grzimek bis zu den Andrew-Sisters und Michael Jackson.

Prominente reißen sich darum, in seiner Show dabei zu sein: Franz Josef Strauß kommt mit dem FC Bayern, Marika Rökk samt Tochter, Rudi Carrell mit Peter Frankenfeld und Hans Joachim Kulenkampff.

Damit soll jetzt Schluß sein, der Mann ist 70 und bereitet seine letzte TV-Show vor. Eine ganze Menge hat er erreicht, sein Vermögen wird auf 20 Millionen geschätzt, und 97 Prozent aller BundesbürgerInnen kennen seinen Namen. Und mit dem Alter kommt die Weisheit: „Das Fernsehen ist eine teuflische Erfindung“, vertraute er unlängst der Bild am Sonntag an, und er weiß, warum: „Es dreht sich alles nur noch um Quote, den Feind jeder Qualität.“

Da will er, der immer noch mehr gesehen wurde als alle Schreinemakers und Kiesbauers und Wontorras zusammen, nicht mehr mitmachen: „Ich bin den Aufregungen dieses Geschäfts nicht mehr so gewachsen.“