■ Mit verölten Stränden auf du und du: Altölkippe Nordsee
Hannover (taz) — Schlechte Nachrichten für die Kurdirektoren und Badegäste auf den Ostfriesischen Inseln hatte gestern das niedersächsische Umweltministerium. Nur von Windrichtung und Wetterlage hänge es ab, ob bald wieder Ölklümpchen an Strände gespült würden, sagte die Sprecherin von Monika Griefahn. Alte schon verklumpte Ölreste, die so schön an den Füßen der Badegäste kleben, treiben nämlich genügend in der Nordsee.
Mindestens zwei Millionen Tonnen Öl werden nach Schätzung des Umweltministeriums jedes Jahr von Schiffen in die gesamte Nordsee abgelassen. Daß die Chemie der letzthin zusammengekehrten Klümpchen nun genau vom Bundesamt für Seeschiffahrt analysiert werden, um die Herkunft des Öls und die Verursacher zu bestimmen, hält man denn in Hannover auch für ziemlich sinnlos.
Nordseeverschmutzer, die auf hoher See ihre Tanks, die Motoren oder das ganze Schiff vom Dreck befreien, kommen in der Regel mangels internationaler Rechtsvorschriften selbst dann ungeschoren davon, wenn sie auf frischer Tat ertappt werden. Auch bei Schiffen, hinter denen direkt ein Ölfilm schwimmt, geraten Beobachtungspiloten regelmäßig in Beweisnot: Zur Beweissicherung stoppen kann man die Schiffe außerhalb der Zwölf-Meilen- Zone nicht mehr.
Vor allem aber ist das Ablassen von Öl in der Nordsee immer noch nicht grundsätzlich verboten: Die Umweltsünder dürfen in den internationalen Gewässern ein Faß Öl pro zurückgelegter Seemeile ganz legal ablassen. Anders als etwa die Ostsee ist die Nordsee nämlich kein von der Internationalen Meeresorganisation IMO anerkanntes Sondergebiet, in dem alles Altöl an Bord bleiben muß. Gegen ein Sondergebiet Nordsee sind auch europäische Länder wie Großbritannien oder Frankreich.
Etwa zwei Millionen Mark hat der jüngste Strandputz vor Ostfriesland gekostet. Abpumpen im Hafen ist wesentlich billiger als späteres Abkratzen am Strand. Ebenfalls genau 2 Millionen Mark gibt Niedersachsen im ganzen Jahr für alle Häfen dafür aus. Nachdem die anderen Küstenländer diesen kostenlosen Service einstellten, halbierten sich dort auf wunderbare Weise die Altölmengen, die die Kapitäne in den Häfen zurückließen. Jürgen Voges
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