■ Schöner Leben
: Was bin ich?

Es kommt der Tag im Leben, da läßt du einfach den Hammer fallen. Da lacht die Frühlingssonne verheißungsvoll durchs Fenster 'rein, da zwitschern dir die heimkehrenden Schwalben was Schönes vor. Wie denn!, durchfährt es einen dann. Ich – ein Leben lang Elektroingenieur? Nie!

Und siehe: Tatsächlich steckt die Welt da draußen voller wunderbarer Berufe, die man spontan ergreifen möchte. Allein der Blick in die Gelben Seiten öffnet manchem die Augen: Unter „B“ existieren da Dinge wie „Bierverlage“ – ja, Bierverleger hättest du werden sollen, Mensch, sabbert es einem durch den Kopf. Wahrhaft berauschend aber ist erst die Lektüre von „Markt + Chance“, jenem „zentralen Stellenanzeiger“, den die freundlichen Menschen vom Arbeitsamt dem Ratsuchenden anempfehlen. Was es da alles gibt!

Nämlich: Wer trägt auf der Welt eigentlich dafür Sorge, daß es nachts dunkel wird? – Eben: die Rolladenbaumeister/in. Vollzeit, Dauerstelle, Eintritt sofort, heißt es in der Anzeige. Ja, für alles auf der Welt will gesorgt sein: Wer sich als Schädlingsbekämpfer/in verdient machen will, kann sofort seinen Posten in Dresden antreten. Voraussetzung: „berufsübliche Kenntnisse“. Tja, was ist denn da so üblich? In schärferer Form stellt sich das Problem, will man als Extrusionsfachmann/-frau der Menschheit dienen. Was wird eigentlich so verlangt?

Wenden wir uns doch lieber Berufen zu, bei denen vor allem die praktischen Grundkenntnisse des Lebens erforderlich sind. Und wirklich: Nicht nur Barmixer und Soßenköche werden gesucht; auch als Griller/in kann man seinen Lebensunterhalt bestreiten. Haben wir schließlich jahrelang auf dem heimischen Balkon geübt. Null Problemo!

Doch es kommt noch schöner. Denn „Markt + Chance“ offeriert tatsächlich selbst jene Traumberufe, die man in Kindertagen erdachte: Prinz, Prinzessin, Indianer und Cowboy. Zumindest Letzteres wird gesucht wie verrückt. Dochdoch: „Gäste begrüßen, Essen und Getränke servieren im Cowboykostüm“ – damit läßt sich eine veritable Existenz bestreiten. Arbeitgeber: die Wildwest-Show „Buffalo Bill“ bei Paris, im Wilden Westen Zentraleuropas gewissermaßen. Wer sagt's denn: Wer nur will, der kriegt auch Arbeit. Das Geld liegt auf der Straße, Cowboy. Thomas Wolff