Mit Gruß und Kuss

■ Rechtschreibreform: Hamburg will sie gut vorbereitet einführen, und deshalb auch erst in zwei Jahren

„Das wird nicht einfach, wenn man in alte Sprachtraditionen eingreift“, kommentiert der Fachreferent für Deutsch in der Hamburger Schulbehörde, Bernd-Axel Widmann, die gestrige Vereinbarung Deutschlands, der Schweiz und Österreichs über die Rechtschreibreform, die am 1. August 1998 kommen soll. Er ist aber zuversichtlich, daß die Übergangsfrist bis zum 31. Juli 2005 genügend Zeit läßt, um zu lernen, daß Schifffahrt künftig Schifffahrt geschrieben wird und der Kuß künftig Kuss, der Gruß aber der Gruß bleibt.

Bis dahin werden alte Schreibweisen nicht als falsch, sondern als überholt gekennzeichnet. Statt bisher 212 Rechtschreibregeln müssen künftig nur noch 112 gepaukt werden, von 29 Komma-Regeln bleiben neun übrig. Einige Bundesländer setzen die Reform bereits mit Beginn des nächsten Schuljahres um, um den Kindern in zwei Jahren das Umlernen zu ersparen. Die Hansestadt will hingegen erst im Schuljahr 1997/98 mit den ersten und fünften Klassen beginnen.

Es liegt noch kein geeignetes Unterrichtsmaterial vor, die Nachschlagewerke sind vergriffen, der neue Duden noch nicht auf dem Markt und die LehrerInnen müssen erst geschult werden, begründet Bernd-Axel Widmann die zögerliche Haltung der Schulbehörde. Bei der Verbreitung der neuen Regeln setzt die Behörde vor allem auf die DeutschlehrerInnen. Diese sollen fortgebildet werden und ihr Wissen dann an KollegInnen und die Eltern weitergeben.

Doch letztlich verbindlich ist die Reform nur für den öffentlichen Verwaltungsbereich, die Hochschulen und die Schulen, so Widmann. BürgerInnen dürfen es mit der Rechtschreibung halten wie sie wollen. Patricia Faller