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„Es geht nicht um Umverteilung. Wir müssen günstiger sein“

■ Erhard Meyer-Galow, Vorstandschef des Chemiekonzerns Hüls AG in Marl, über Ökosteuern und Standortfrage

taz: Herr Meyer-Galow, machen Ökosteuern, so wie die Bündnisgrünen sie einführen wollen, die deutsche Wirtschaft tatsächlich kaputt?

Meyer-Galow: Wir brauchen keine neuen Steuern. Dadurch wird der Standort Deutschland noch unattraktiver, als er ohnehin schon ist. Nehmen Sie das Beispiel Großbritannien. Dort wurden die Steuern drastisch gesenkt. Und was ist das Ergebnis? 60 Prozent der Auslandsinvestitionen in der Europäischen Union fließen inzwischen nach Großbritannien.

Nun wollen Bündnis 90/Die Grünen das Steueraufkommen ohne Mehrbelastung umverteilen. Höhere Energiesteuer, dafür Entlastung der Arbeit. Können Sie sich damit anfreunden?

Wir müssen aufhören, Probleme durch alte Verhaltensmuster und Rituale zu lösen. Auf eine aufkommensneutrale Regelung können wir nicht vertrauen. Irgendwann laufen die Ausnahmeregelungen aus, und dann müssen wir kompensieren.

Es entsteht der Eindruck, daß die Ökosteuer für die Industrie ein rotes Tuch ist und von daher rundherum ablehnt wird – egal wie gut sie begründet ist.

Das Dilemma der Ökosteuer ist: Sie hat entweder keine ökologische Lenkungswirkung, weil die Steuersätze zu niedrig angesetzt sind, oder sie ist keine ergiebige Einnahmequelle, weil die Steuersätze so hoch liegen, daß die ökologische Lenkungswirkung eintritt und damit die steuerliche Bemessungsgrundlage schrittweise reduziert wird. Das wird auch bei dem jetzigen Vorschlag der Grünen nicht anders sein.

Ist denn die Idee nicht verführerisch, daß durch eine Umverteilung zugunsten des Faktors Arbeit neue Arbeitsplätze geschaffen werden können?

Es geht nicht um Umverteilung. Wir müssen günstiger werden. Mehreinstellungen sind im Moment sowieso kein Thema. Es geht allein um die Sicherung der Arbeitsplätze.

Aber kann nicht wenigstens die Sicherung der Arbeitsplätze durch eine Entlastung des Faktors Arbeit bewerkstelligt werden?

Das mag sehr wohl so sein.

Haben Sie eine Alternative zur Ökosteuer?

Es stellt sich die Frage, ob wir den Wohlfahrtsstaat in Deutschland finanzieren können. Sparen ist das Thema. Wir müssen überlegen, ob wir uns wirklich alle sozialen Leistungen leisten können. Gucken Sie mal nach Schweden. Selbst da wird gespart. Und was den ökologischen Aspekt angeht: Der Chemieverband hat sich selbst verpflichtet, bis zum Jahr 2000 30 Prozent weniger CO2 auszustoßen und 25 Prozent weniger Energie zu verbrauchen. Wir haben daher in Deutschland keinen Lenkungsbedarf.

Wie würden Sie reagieren, wenn die Ökosteuer kommt?

Wir haben bereits einige Bereiche stillgelegt, weil die Kosten in Deutschland so hoch sind. Falls tatsächlich eine Ökosteuer eingeführt wird, gucken wir uns das aber erst mal in Ruhe an. Interview: Markus Franz

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