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: Brain X Change

Es gibt eine Menge, für das man der langen Tradition amerikanischer B-Filme danken kann. Zum Beispiel für die Erkenntnis, daß man auch eine sehr einfache Geschichte mit dem durch ihre Gradlinigkeit entstehenden Raum für Zwischentöne, Querverweise, filmästhetische Experimente und politisch Gewagtes sehr spannend werden kann.

Gerade diese Erfahrung weckt angesichts des Titels und einer ersten Beschreibung des Inhalts das Interesse für den dänischen Fantasy-Film Brain X Change, in dem es immerhin um den Körpertausch zweier Gehirne geht: Der sterbende Wissenschaftler Wahlin (Ulf Pilgaard) stiehlt dem unbedarften Teenager Jonas (Morten Schaffalitzky) den Körper und läßt dessen Hirn in seinem Altmännerleib zurück.

Dieses Thema des Subjekt-Grenzübertritts hat mit Kathryn Bigelows brillianten Strange Days und den stock-konservativen Thrillern Das Versteckspiel und Unforgettable derzeit in Hollywood Konjunktur. Das erhöht die Spannung: Welchen Zugang wird Faurschous Brain X Change, immerhin ein europäischer Debutfilm, zu diesem Thema finden, das mit dem Kino eng verbunden ist?

Denn wenn die Grenze zwischen Subjekt und Objekt aufbricht und einer plötzlich merkt, daß er zugleich in der Haut/im Hirn eines anderen steckt, dann wird es gerade im Kino interessant. Immerhin ist das der Ort, der nicht nur Anteilnahme mit Leinwandschicksalen ermöglicht, sondern auch uns als Zuschauer versichert, daß sich die Welt um uns und für uns dreht. Und wenn auf der Leinwand Ähnliches passiert wie zwischen ihr und uns, läuft der Film Gefahr, mehr von sich preiszugeben, als es ihm als Illusionsmaschine lieb sein könnte.

Doch Brain X Change macht es kurz – keine dieser Möglichkeiten, aus den Voraussetzungen seiner Geschichte innovatives Kapital zu schlagen, nutzt Faurschou. Damit wird es reizvoller, über die ungenutzten Chancen nachzudenken, als über Faurschous Kinobilder. Sie zeigen die zwei Welten des sympathischen Schuljungen und des düsteren Wissenschaftlers, die wir aus der Sagenwelt der Konvention allerbestens kennen. Hier das düstere Forscher-Anwesen, da das heimelige Familien-Idyll mit Pubertätsromantik. Dem wird Jonas entrissen, und natürlich muß er erst seinen besten Freund von seiner Verwandlung überzeugen, bevor dem Körperdieb das Handwerk gelegt werden kann.

Brain X Change wird mit der Beteiligung des Nachtwache-Produzenten Michael Obel angepriesen. Daß dies die höchste Trumpfkarte der PR-Strategen darstellt, hätte vielleicht doch Warnung genug sein müssen.

Jan Distelmeyer Aladin, Hansa