Stille Post

■ Geflüstertes aus Kultur & Gesellschaft

War's des Rotweins Säure, war's des Vollmonds Schwerkraft, die den Musikrezensenten mitten in der Nacht im Bette hochfahren ließ? Nein – die Vision einer Dämonin war schuld. Kostümiert in den Farben der Saison, Rot und Orange, auf dem blonden Haupt eine Filzkappe mit zwei schwarzen Hörnern links und rechts, und geigend, nun ja, wie eine Ausgeburt der Hölle eben: So teufelte diese hübsche Heimsuchung auf den Schlaflosen ein, mit immer tückischeren Rhythmusverschiebungen, immer neuen Brechungen und Biegungen bekannter Schlagermelodien. War das noch die schöne Ballade „Everything Happens To Me“? War das noch Gunter Gabriels trauliche Trucker-Ode „Komm unter meine Decke“? Nein: Kein Teufelsspuk war hier am Werk – sondern Fräulein Cordula Welsch, Geigerin in der jungen Bremer Bigband Acapulco. Beim vorerst letzten Auftritt im Jungen Theater gab die Combo ein hinreißendes Potpourri schräger Schlagerseligkeiten – alles mit satanischer Freude zersägt, verschaukelt und vergeigt. Im Februar drohen neue Höllenqualen, neue Programme. Bis dahin herrscht über Bremen wieder allgemeine Nachtruhe.

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Die Schlachte lebt! Der Himmel über Bremen hatte einmal mehrere Stunden hintereinander nicht geweint, da fanden sich am neu möblierten Uferstück zwischen Kaisen- und Teerhofbrücke tatsächlich Paare, Passanten – außer den gelernten Biertrinkern hinterm Schlachte-Kiosk. Ein wenig zögerlich setzte man sich noch auf die groben Granitquader mit Blick auf die Weser; mancher verbrachte nur seine knapp berechnete Mittagspause am Fluß, doch andere zeigten Pioniergeist – und flanierten. Zeigten's den Alsterkolonnaden, der Kö, dem Kudamm – brauchen wir gar nicht, können zuhaus flanieren. Jetzt die nächste Etappe: Wer weiht die schnittig designte Parkbank an der Schlachte ein und hat das Pensionsalter noch nicht erreicht? taz