■ Vorschlag
: Ohne Emotionen: Die Konzeptband Shellac in der Volksbühne

Meist sind Produzenten die grauen Eminenzen. Facharbeiter im Hintergrund, die den Bands den entscheidenden Sound überstülpen. Manchmal besorgen sie nur den Feinschliff, manchmal weisen sie neue Wege. Beliebtes Beispiel: die Alben „Nevermind“ und „In Utero“ von Nirvana. „Nevermind“ wurde produziert von Andy Wallace, der für den Kick Richtung Hits, Hooks und Massenkompatibilität stand. Um sich davon zu befreien, engagierte Cobain für „In Utero“ dann Steve Albini. Dieser sollte wieder Kaputtheit und Roughness in den Nirvana-Sound einweben, was ihm auch bestens gelang. Der Rest der Geschichte ist bekannt. Steve Albini ist ein Produzent der schroffen Sorte, die weder Blues noch Soul in Gitarrenkontexten mag und lieber ZeniGeva und Jesus Lizard als die Pixies produziert. Auch als Musiker beschäftigt er sich lieber mit Hardcore: Seine früheren Bands Big Black und Rapeman waren schneller, böser und abstrakter als andere in diesem musikalischen Bereich.

Seit 1993 setzt Albini seine Vorstellung von Sound in einer Band namens Shellac um. Allein der Name verweist auf die Materialität, die hier den Vorrang vor Schnellebigkeit und Pop bekommt. Bei Shellac wird ein Konzept ausgestellt, das Rockemotionalisierungen ausblendet: Hier geht es um pure Musik. Neben Albini, der die Gitarre spielt, bestehen Shellac noch aus einem Bassisten und einem Schlagzeuger. Der Sound ist minimalistisch, hermetisch, dabei trotzdem hart und gewichtig. Von fern so spröde wie ganz frühe Fall, so durchdacht wie Bastro, so abgeschlossen wie Helmet. Raum für Abschweifung und Ausgelassenheit gibt es nicht, und selbst auf der Bühne sollen alle drei exakt in einer Linie musizieren. Ziemlich einzigartig stehen Shellac damit momentan in der Szenerie, und wer so was wie Postrock wegen seiner Freude an Improvisationen für zu geschwätzig hält, ist bei Albini und Mitstreitern heute abend bestens aufgehoben. Gerrit Bartels

Shellac (zusammen mit Stereolab!) heute ab 21 Uhr in der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz