Frauenfilm in Moosgrün

■ Im Freundinnenkreis zu trauern: David Anspaughs „Moonlight & Valentino“ legt uns die Tarotkarten

Einen Hollywood-Frauenfilm erkennt man unfehlbar an der Art, wie die Wohnungen oder Häuser eingerichtet sind. Wehende Spitzengardinen, bunte Glasfenster, behagliche Zimmer in Echtholz und Moosgrün bilden auch die Kulisse für „Moonlight & Valentino“. Der Film von David Anspaugh verhandelt die Fähigkeit, im Freundinnenkreise zu trauern – eigentlich eine essentielle Sache. Eines Morgens kommt Ben nicht pünktlich vom Joggen zurück. Seine Frau Rebecca (Elizabeth Perkins), eine Lehrerin von Anfang Dreißig, findet ihn tot in einem Krankenhaus – von einem Auto überfahren.

Drei Frauen, so unterschiedlich wie ein Kostüm, ein Babydoll und ein kariertes Männerhemd, finden sich ein, um Rebecca beizustehen, Hühnersuppe zu kochen, Tarotkarten zu legen und – vor allem – ihre eigenen Macken auszuagieren. Rebeccas Schwester Lucy (Gwyneth Paltrow) ist das Familien-Girlie, ein verklemmtes mageres Ding, das sich vor seinem Körper fürchtet, die Breeders hört und einen Haß gegen die hippelige Wall-Street-Stiefmutter Alberta hegt. Kathleen Turner als solche wird mit den Jahren immer moppeliger; Whoopi Goldberg hingegen ist die Frau, die, obwohl sie angeblich keiner leiden kann, in den meisten Filmen mitspielt. In „Moonlight & Valentino“ gibt sie wieder den Trampel vom Dienst. Sylvie ist eine frustrierte Ehefrau, die unter der neurotischen Vorstellung leidet, verlassen zu werden, wenn der Gatte nur beim Tennis weilt.

Denn trotz Tod und Moosgrün, komisch ist es doch, wie die Komödie hundert Minuten lang immer wieder über die Tragödie hinwegwippt. Gleich nach ihrer Ankunft übernimmt Alberta die – nun ja – Promotion für Bens Beerdigung, bestellt den Nachruf in der Times, „bei einem renommierten Autor, natürlich“ – während Lucy in Rebeccas Witwendepression einen Anlaß sieht, die eigene Existenz als Sumpfnudel zu rechtfertigen. Jede der vier stellt sich zunehmend selbst in den Mittelpunkt, such is life, und es ist heutzutage ja auch verdammt schwer, so richtig mitzufühlen.

In solchen Momenten, da der Frauenfilm sich selbst auf die Schippe nimmt, verzeiht man ihm die Gardinen und auch die Strohblumen, vergibt man Whoopi Goldberg die Keramikwerkstatt mit den „Traumtöpfen“ und Lucy die – unausgesprochene – Magersucht. Aber das Wohlwollen hält nur so lange vor, wie nicht über das Frau-Sein an sich geredet wird, was der Film leider gern tut. „Wir sind, was wir sind, und nicht durch Männer definiert“, finden die Damen, wohlgemerkt nachdem sie Rebecca einen Jungmaler (ein Gott sei Dank nicht singender, dafür wohltuend unschnöseliger Jon Bon Jovi in der Umschulung zum Schauspieler) ins Haus getrieben haben.

So was ärgert grundsätzlich. (Nehmen wir nur „Last Dance“ mit Sharon Stone: Warum kann sich nicht mal ein Mann um einen männlichen Todeskandidaten kümmern.) „Moonlight & Valentino“ endet mit einer unsäglichen Hexenbeschwörung im Morgengrauen auf dem Friedhof, wobei die Stiefmutter aufs Schlimmste gedemütigt wird – das nennt man dann, um in der Begrifflichkeit des Films zu bleiben, eine wahrhaft „schwesterliche Versöhnung“. Es fehlt nur noch die kollektive Gebärmutter-Yoga in dieser Suppe aus schmerzfreier Sentimentalität, biederen Hotelzimmersexphantasien und Schwachsinn, denn ein treu glotzender Hund ist bereits untergebracht und der Brief an den lieben Gott unter einer Blumenzwiebel eingebuddelt. Interessanterweise gefiel dieses Stück Florentiner Tüll von einem Film einer feministischen, unabhängigen, schlagfertigen, abenteuerlustigen Freundin sehr gut, aber vielleicht bin ich schüchterne, ängstliche, gern Kleinkinder beaufsichtigende und ungern verreisende Person ja eigentlich die Feministin. Denn Sätze wie „Eine gute Hühnersuppe ist mit Abstand das Weiblichste auf dieser Erde“ (Sylvie-Whoopi) darf man allenfalls denken, nie aber in Anwesenheit einer Spitzengardine aussprechen. Anke Westphal

„Moonlight & Valentino“. Regie: David Anspaugh, USA 1996