Norm für Ostdeutschland

■ EU-Kommission will pauschale Zuschüsse nicht länger genehmigen

Brüssel (taz) – Der Streit zwischen der Bundesregierung und der Europäischen Kommission um die Subventionen in Ostdeutschland spitzt sich zu. Nachdem die EU-Kommission vor einer Woche die Beihilfen für das VW-Werk in Sachsen um eine Viertelmilliarde Mark gekürzt hat, will sie nun gegen die Verlängerung der Investitionsprämie vorgehen. Ostdeutschland soll nicht länger als Sonderfall in der EU behandelt werden.

Die Investitionsprämie war 1992 von der EU-Kommission genehmigt worden. Um Unternehmen nach Ostdeutschland zu locken, zahlt Bonn für alle Investitionen in den neuen Bundesländern, die vor dem 1. Juli 1994 begonnen wurden und bis Ende 1996 abgeschlossen sind, pauschal acht Prozent der Investitionssumme als Zuschuß an die Unternehmen. Es war das erste Mal, daß die EU-Kommission, die für die Überwachung der Wettbewerbsregeln zuständig ist, eine solche Sonderregelung für ein ganzes Gebiet erlaubt hat. Normalerweise muß jeder staatliche Investitionszuschuß einzeln begründet und genehmigt werden.

Die Bundesregierung hat die Investitionsprämie nun stillschweigend bis 1998 verlängert, was die EU-Kommission nicht so einfach schlucken will. Sie verweist darauf, daß die Regelung vor vier Jahren wegen der besonderen Situation in Ostdeutschland als zeitlich strikt begrenzte Ausnahme genehmigt worden war. Die Kommission befürchtet, daß sonst auch andere Länder mit dauerhaft benachteiligten Regionen auf die Idee kommen könnten, eine Investitionsprämie einzuführen. Die Bundesregierung muß nun eine stichhaltige Begründung nachliefern. Danach wird die Kommission endgültig entscheiden.

In den neuen Bundesländern ist das Verständnis für solche Wettbewerbsentscheidungen begrenzt. Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf ist sich „ziemlich sicher“, daß er gegen die VW- Entscheidung der Kommission klagen will. VW hatte nach der Subventionskürzung angekündigt, alle geplanten Investitionen in Sachsen zu stoppen. VW will die versprochenen 2.200 neuen Jobs nur schaffen, wenn der Staat ein Drittel der Kosten übernimmt. Die Kommission hatte lediglich 20 Prozent genehmigt. Alois Berger