Sozi nach Schäubles Geschmack

■ Friedhelm Farthmanns neues Buch verzückt Unionspolitiker

Düsseldorf (taz) —Für Wolfgang Schäuble kam die Präsentation des neuen Buches von Friedhelm Farthmann, „Blick voraus im Zorn“, ein paar Tage zu spät. Was der langjährige SPD-Fraktionschef im Düsseldorfer Landtag zur Flexibilisierung der Arbeit und zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall seinen Genossen und Gewerkschaftsfreunden ins Stammbuch geschrieben hat, ist ganz nach dem Geschmack des Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Als Laudator räumte er gestern freimütig ein, daß er diesen Text bei der Bundestagsdebatte über das Sparpaket gern genutzt hätte, um Farthmanns Bonner Genossen Mores zu lehren. Was Farthmann, der als Nachrücker wieder der SPD-Landtagsfraktion angehört, zu den Themen sage, „sei nahezu identisch mit der Position der Regierungskoalition“. Von einem alten Gewerkschaftsfuhrmann zu hören, er halte es durchaus für vertretbar, wenn Arbeitnehmern im Krankeitsfall der Urlaub um einen Tag gekürzt werde, stimmt Schäuble hoffnungsvoll, die Diskussionen um das Bonner Sparpaket zu „entdramatisieren“.

Insgesamt bescheinigte Schäuble dem Sozialdemokraten eine „richtige Analyse“ der ökonomischen und ökologischen Probleme, für die die CDU „aber die besseren Antworten habe“. Angesichts solcher Lobreden kam beim Farthmann-Nachfolger an der Fraktionsspitze, Klaus Matthiesen, gestern richtig Freude auf. Daß Farthmann sich ausgerechnet von Schäuble, der über die SPD oft genung mit „Häme“ hergefallen sei, feiern lasse, sei schlicht „falsch“. In dem ganzen Getöse geht die magere Substanz der Farthmannschen Vorschläge fast unter. Ganz in der radikalen Pose von Ökofundamentalisten fordert der Autor die SPD angesichts der „ökologischen Katastrophe“ zu einer„Verzichtsethik“ auf: „Weiterhin der Wachstumsphilosophie des Godesberger Programms zu folgen, wäre nicht mehr zu verantworten“. Doch immer wenn der passionierte Jäger konkret wird, mutiert der mutige Naturschützer zu einen Traditionalisten reinsten Wasser. Dann müssen mehr Autobahnen gebaut, Flughäfen erweitert und der Braunkohletagebau Garzweiler II selbstverständlich aufgeschlossen werden. Weil die Grünen all diese Projekte bekämpfen, seien sie Gift“ für die SPD und die rot-grüne Koalition eine „Katastrophe“ für NRW. Walter Jakobs