Ziemlich verheulte Nächte

■ Neu im Kino: „Weg der Träume“ von John Duigan / Sehr noble und sehr böse Menschen in schönen Bildern mit viel Musik

North Carolina 1815. Der Farmer August King (Jason Patric) ist auf dem beschwerlichen, mehrtägigen Heimweg von einem Viehmarkt zu seinem selbstgezimmerten Zuhause. Seit dem Tod seines Kindes und dem Selbstmord seiner Frau pflegt er wenige soziale Kontake. Daß er ein guter Mensch ist, merkt man jedoch sofort: Selbst einem sterbenden Hund gibt er noch Brot, damit er vor dem finalen Erlösungsschuß was zu kauen hat, und nachts krault er sanft das Schwein in den Schlaf, das mit ihm reist. Bald läuft ihm die entflohene Sklavin Annalee (Thandie Newton) über den Weg, und seine Güte droht mit dem Gesetz zu kollidieren, das er sein Leben lang geachtet hat. Deshalb deckt er zunächst nur ihre Flucht, weigert sich aber, sie in seinem Karren mitzunehmen. Die hübsche und gebildete 17jährige läßt sich aber nicht abwimmeln, und so werden sie zum Paar auf der Flucht.

Annalees Sklavenhalter Olaf Singletary (Larry Drake), der zugleich ihr Vater ist, ist ihnen derweil dicht auf den Fersen. Auf dem Weg zu Kings Haus muß der Farmer Kuh, Schwein, Gänse und zuletzt den ganzen Wagen zurücklassen, um die Flucht zu erleichtern. Zu Hause angekommen, weist er seiner Gefährtin den Weg gen Norden, wo die Sklaverei verboten ist. Während sie sich auf den Weg in eine neue Existenz macht, ist seine alte zerstört. Dafür ist er endlich mit sich selbst im Frieden.

Ein Titel wie „Weg der Träume“ läßt Schlimmstes erwarten, ein Untertitel wie „Die Liebe ist sein Ziel“ untermauert diese Erwartungshaltung noch. Der Film des Wahlaustraliers John Duigan heißt allerdings im Original nüchtern „The Journey of August King“. Glücklicherweise verzichtete Drehbuchautor John Ehle, der auch die Romanvorlage von 1971 schrieb, auf eine Liebesgeschichte zwischen seinen Protagonisten. Zwar gibt es ein paar schüchterne Blicke am Lagerfeuer oder beim Wundeneinreiben, aber in erster Linie geht es um Augusts Weg zum aufrechten, rechtschaffenen Mann, der begriffen hat, daß Gesetz und Gerechtigkeit nicht eins sein müssen. Verkitscht wird dies bisweilen durch die mal zu süße, mal zu wuchtige Musik und die Bilder des Kieslowski-Kameramanns Slawomir Idziak, der die beeindruckenden Naturaufnahmen ein wenig zu metaphorisch einsetzt: Wird ein entflohener Sklave ermordet, ziehen die dunkelsten nur denkbaren Wolken auf, und auf eine besonders verheulte Nacht muß ein besonders klarer Morgen folgen.

Zu schade, daß im Ensemble eher die Neben- als die Hauptdarsteller überzeugen. Larry Drake, der sich ansonsten in Horrorschinken wie „Darkman“ und „Dr. Giggles“ als Schurke vom Dienst rumtreibt, ist einer der ekligsten Schauspieler der Welt und somit hervorragend besetzt als ekliger Sklavenhalter. Ebenso überzeugt Ko-Produzent Sam Waterston in einer kleinen Rolle als zunächst zwielichtiger, letztlich aber redlicher Stadtgründer. Hauptdarsteller Jason Patric hingegen war bislang ein Name ohne geläufiges Gesicht und wird es auch nach diesem Film bleiben. Andreas Neuenkirchen

Im Atlantis, 17.30, 20.30 Uhr