■ Brauereien: Mit Natur und House-Musik auf Kundenfang
: Warum kommt das Bier zu Ralf?

In der Reklame geht es grundsätzlich nicht um das Produkt allein. Vielmehr wird die jeweilige Zielgruppe davon in Kenntnis gesetzt, welche Klamotten man tragen und mit was für Menschen man sich umgeben darf. Das ist zwar eine Binsenweisheit. Doch besonders Biertrinkern mit Abitur und ohne Bausparvertrag fällt es schwer, sie zu akzeptieren, denn niemand von ihnen möchte auch nur ein paar Promille des Lebensgefühls abbekommen, das in der Bierwerbung verkauft wird.

„Braufrisches DAB gehört einfach dazu“, verkündet zum Beispiel DAB, eine der vielen Firmen, die noch auf Werbung wie bei Muttern setzt. Die Gleichgesinnten aus dem Hause Veltins versprechen, „Gutes im Schilde“ zu führen, und angesichts dieser altmodischen Redensart ist es beinahe ein Wunder, daß in dem Spot auch biertrinkende Frauen zu sehen sind.

Die penetranteste unter den biederen Reklamen kommt von Diebels Alt. In deren TV-Spot wird „ein schööö-ner Tag“ beschworen, an dem die Welt still stünde, und perfiderweise hört man den Schlager nicht nur im Werbefernsehen, sondern auch in Fußballsendungen, denn die Stadionsprecher von Fortuna Düsseldorf und Borussia Mönchengladbach spielen immer dieses Stück, wenn ihre Elf ein Tor geschossen hat. Eigenartig: Die männliche Hauptfigur des Spots – selbstverständlich ein Sackgesicht vor dem Herrn – trinkt auf einer Tribüne Alt aus dem Glas, obwohl es in Stadien nur Becher gibt.

Ein Großteil der Bierfirmen gibt sich seit jeher erd- oder heimatverbunden. An potentielle und tatsächliche Wähler der Grünen wenden sich etwa Krombacher („Eine Perle der Natur“) und Licher („Aus dem Herzen der Natur“). Radeberger läßt die Dresdner Semper-Oper ins Bild rücken, während Hasseröder lokalpatriotisch kalauert („harzhaft frischer Biergenuß“). Stumpfen Nationalismus pflegt dagegen Erdinger Weißbier: „Deutschland ist schön.“

Der ist aber immerhin noch sympathischer als der effekthascherische Rassismus von Budweiser. Eines ihrer Anzeigenmotive zeigt zwei leicht bekleidete farbige Frauen von hinten, fotografiert angeblich an der Copacabana. Die beiden, verheißt die Werbung, seien ebenso ein „Original“ wie das Bier aus Budweis.

Mißlungen auch die Versuche, auf halbwegs moderne Art für Bier zu werben. Amstel Beer nervt mit billiger House-Musik, Wernesgrüner möchte wohl als aphrodisierendes Pils verstanden werden, läßt seine Darsteller jedenfalls knutschen. An jungerwachsene Trinker richtet sich auch die Printkampagne von Ganter aus Freiburg, durch die man immerhin erfährt, daß es im Schwarzwald Bierkästen gibt, die sich wie Taschen tragen lassen. Und Paulaner setzt nicht länger auf den Biergarten, sondern versucht, mit einer bemüht trendigen Zeitschriftenwerbung („Zu welcher Gelegenheit trägt man weiße Socken?“) überzeugte Nachtmenschen für sich gewinnen.

Solche Bemühungen können durchaus komisch sein. So will die Firma Köstritzer („das Haus der magischen Biere“) Leser von Stadtmagazinen ansprechen, zeigt in ihrer Anzeige aber zwei Saxophonisten und eine blonde Pianistin, die eher dem kulturellen Umfeld Heribert Faßbenders zuzurechnen sein dürften. Ebenso amüsant ist die imagepolitische Doppelstrategie von Clausthaler: Mal buhlt man um Hundefreunde, mal um Abenteuerurlauber.

Manche Firmen suchen sich für ihre Marketingstrategien einen sogenannten Partner, und die Wahl verrät grundsätzlich viel über die Qualität des Biers. Warsteiner hat zum Beispiel einen Pakt mit Tina Turner geschlossen und ist deshalb auf ewig untrinkbar; Kelts sponsert den Deutschen Kanuverband, woraus sich schließen läßt, daß dieses Alkoholfreie wohl kaum aufregend schmeckt.

Gibt es denn überhaupt keine dufte Bierwerbung? Ja, aber sie stammt bestimmmt nicht von Detlev „Flens“ Buck, die ist zu leicht zu durchschauen. Die beste Pils- Reklame der letzten Jahre, die bezeichnenderweise nur kurze Zeit zu sehen war – sie bestach durch den rätselhaften Kausalsatz: „Unser Bier kommt zu Ralf, weil er nie Opa zu mir sagt“. Die geheimnisvolle Botschaft stand quer über ein Bild geschrieben, das einen Opa mit Bierkasten zeigt. Und welche Sorte wurde in dieser gaga Werbung angepriesen?

Ausgerechnet das von Experten mit vollem Recht verschmähte Astra aus Hamburg. René Martens