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■ QuerspalteSo oder so

Ernst Bloch, der Philosoph, hat einen Satz gesagt, den jeder versteht. Ich benutze ihn deshalb häufig ab 22 Uhr in verrauchten Kneipen und gehe dann, Eindruck hinterlassend, zufrieden nach Hause. Weil sich um diese Uhrzeit meist das Gesprächsthema in den Gaststätten meiner Wahl von der sinkenden Weinqualität auf die sinkende politische Moral in unserem Vaterland (Standort Deutschland) verlagert hat, ist der Satz von Bloch eine günstige Gelegenheit, noch rechtzeitig das Lokal unter zustimmendem Nicken der Thekenbesitzer zu verlassen.

Die Rechnung bezahlend zitiere ich Bloch: „Sage nicht so oder so, damit nachher niemand sagen kann, du hättest so oder so gesagt.“ Vor allem in Wahlkampfzeiten wird dieser Satz beklatscht. Denn das „so“ der Politiker vor der Wahl, klingt bekanntermaßen ganz anders als das „so“ danach. Das stört allerdings die wenigstens Wähler, weil sie wissen, daß das „so“ so gar nicht gemeint war.

Angenommen der Verkehrsminister hat im Wahlkampf versprochen, mit der vielbefahrenen Ortsdurchfahrt in Niederbeutelsbach ginge es nicht länger „so“ weiter und nach der Wahl werde die Umgehungsstraße endlich gebaut, wissen eigentlich alle Niederbeutelsbacher, daß die Straße niemals gebaut wird und der Minister ihnen nur eine kleine Wahlkampffreude machen will. Nur noch im Osten dieser Republik sollen ja Menschen leben, die daran glauben, was ein Politiker im Wahlkampf erzählt. Darum haben sie schon 1990 Gartenscheren für die bald blühenden Schnittblumen gekauft.

Nein, wie blöde kann mann nur sein! Da lob' ich mir die Franzosen. Die haben jetzt den Mössiöh (Rechtschreibreform auch in Frankreich!) Departementsrat von Badonviller zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er im Wahlkampf neue Arbeitsplätze versprochen hatte und nach seiner Wahl keinen einzigen geschaffen hat. Oh, das tut gut. Oh, wie fühlt sich die verschaukelte Wählerseele massiert. Oh, wie möchte man da mit der blühenden Landschaftsschere den Kanzler ... Philipp Maußhardt

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