Lübecker Brand: Safwan Eid muß vor Gericht

■ Trotz fehlenden dringenden Tatverdachts wird gegen Safwan Eid der Prozeß wegen Brandstiftung eröffnet. Bündnisgrüne fordern Recherchen gegen Rechtsradikale

Hamburg (taz) – Trotz Haftentlassung – Safwan Eid wird sich wegen schwerer Brandstiftung in der Lübecker Flüchtlingsunterkunft „Neue Hafenstraße“ verantworten müssen, durch die zehn MigrantInnen ums Leben kamen und 38 weitere verletzt wurden. Die Jugendkammer des Lübecker Landgerichts konstatierte gestern einen „hinreichenden Tatverdacht“ und damit eine ausreichende juristische Voraussetzung zur Eröffnung des Hauptverfahrens gegen den 21jährigen Libanesen. Der Lübecker Oberstaatsanwalt Klaus Dieter Schulz sieht sich nach der Entscheidung in der Ermittlungsarbeit seiner Behörde bestätigt: Das Gericht habe damit erklärt, daß nach „vorläufiger Tatbewertung eine Verurteilung mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten“ sei.

Anfang der Woche hatte dieselbe Kammer einen dringenden Tatverdacht als nicht mehr gegeben angesehen, da die Beweisführung der Staatsanwaltschaft lückenhaft und widersprüchlich sei. Warum es trotzdem einen „hinreichenden Tatverdacht“ gebe, wollte das Gericht gestern nicht beantworten. „Der Beschluß muß dem Beschuldigten erst zugegangen sein, bevor wir die Öffentlichkeit über Details informieren“, so die Lübecker Gerichtssprecherin. Nach ihrer Auskunft wird der Prozeß voraussichtlich Ende August oder Anfang September beginnen.

„Empört“ über den Gerichtsbeschluß zeigte sich der Landesverband der schleswig-holsteinischen Grünen. Er forderte die Staatsanwaltschaft auf, ihre „einseitigen Ermittlungen endlich einzustellen“ und die Recherchen in Richtung der zwischenzeitlich verdächtigten rechtsradikalen Jugendlichen aus Grevesmühlen wiederaufzunehmen. Die gleiche Forderung erhob auch die „Internationale unabhängige Kommission“ zur Untersuchung des Brandes, die in Zusammenarbeit mit Eids AnwältInnen nach Beweisen für die Unschuld des Libanesen sucht. Die Kommission fordert zudem, daß der Aufenthalt aller von der Feuerkatastrophe betroffenen Flüchtlinge bis zur endgültigen Aufklärung der Brandursache gesichert bleibt. Ein ehemaliger Bewohner des abgebrannten Flüchtlingsheims wurde bereits im Mai nach Nigeria abgeschoben, die übrigen MigrantInnen haben noch eine Duldung bis November dieses Jahres.

Marco Carini Reportage auf Seite 11