Nur der Aktionär kriegt mehr

■ Gewerkschaft droht mit weiteren Streiks im Einzelhandel / Tarifverhandlungen abgebrochen / Spar AG erhöht Dividende

Eine Mark mehr pro Stunde fordert die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) für die norddeutschen Beschäftigten im Einzelhandel – bislang erfolglos. Gestern wurde in Schleswig-Holstein die vierte Tarif-Verhandlungsrunde nach nur 30 Minuten abgebrochen; ähnlich hatten die Verhandlungen in Hamburg bereits Ende Juni geendet. Nach ersten Streiks in Selbstbedienungswarenhäusern am vergangenen Wochenende werden nun die organisierten Mitarbeiter des Lebensmitteleinzelhandels zur Urabstimmung gebeten.

Während die Arbeitgeber im allgemeinen ihre kargen Angebote mit stagnierenden Umsätzen begründen, freute sich die Spar Handels AG in Schenefeld gestern anläßlich ihrer Hauptversammlung über einen „Rekordgewinn“ im vergangenen Geschäftsjahr. Um je eine Mark erhöht Spar nicht Löhne und Gehälter, sondern die Dividende für ihre Aktionäre.

In Zukunft werde die Handels AG die Interessen der Aktionäre besonders berücksichtigen, versicherte der Vorstandsvorsitzende Helmut Dotterweich während der Hauptversammlung. Trotz „zurückhaltenden Verbraucherverhaltens“ will der Konzern seinen Umsatz im laufenden Jahr um zwei Prozent steigern. Der im vergangenen Jahr erzielte Gewinn allerdings sei überwiegend auf den Verkauf der „Bauspar-Baumärkte“ zurückzuführen.

Von den gestern begonnenen Urabstimmungen ist neben Pro und Rewe auch Eurospar betroffen; zu diesen Handelsketten gehören auch Geschäfte namens Penny, Safeway und Minimal. Mit einem Ergebnis rechnen die Gewerkschaften im Verlauf dieser Woche und mit Streiks unmittelbar danach. Die Arbeitgeber haben bislang eine faktische Erhöhung der Löhne und Gehälter um rund eineinhalb Prozent angeboten. Beschäftigungssicherung durch tarifvertragliche Regelungen schließen sie dabei ebenso aus wie eine soziale Komponente für Einkommenssteigerungen in den unteren Verdienstgruppen. Das Einstiegsgehalt für eine Verkäuferin nach zweijähriger Ausbildung beträgt derzeit 2400 Mark brutto.

Stefanie Winter