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: Nach dem Knödeln

„Kommt jetzt 'ne Entschuldigung, Schätzchen?“ fragt der Dirigent noch, ohne sich zu dem eintretenden Mörder umzudrehen. Dann spritzt sein Blut auf die Klaviertasten. Ein schwieriger Fall für Kommissar Ivo Batic (Miro Nemec). Schließlich heißen am Theater fast alle „Schätzchen“, und die meisten dieser Namensgruppe wünschten dem Toten zu Lebzeiten Pest und Verderben an den Hals. Doch uns ist noch genau jenes eine, abfällige „Schätzchen“ im Ohr, das der Maestro dem jungen Reservetenor wie eine Ohrfeige ins Gesicht schleuderte, als diesem bei einer „Aida“-Probe zu früh die Puste ausging.

Der Nachwuchstenor ist natürlich höchst suspekt – und mag auch der Kommissar auf der Suche nach verräterischen Kratzern einer widerspenstigen Katze immer wieder sehr verschnupft und ehrfurchtsvoll bei der schönen Sopranistin antechambrieren – wir behalten den geschmähten Sänger im Auge.

„Aida“ von Klaus Emmerich ist kein fröhliches Whodunit- Ratespiel, sondern eine TV- Oper, in der jeder, von der Diva bis zum Komparsen, der dramatischen Fiktion seiner Partituren hinterher intrigiert. Die Kamera sucht nach den abgegriffensten Einstellungen all jener Opern- und Theaterfilme, in denen nachsynchronisierte Schauspieler von den Stimmbändern prominenter Sänger umflattert werden, wozu sie die allertiefst empfindenden Gesichter schneiden.

Natürlich weht hier hinter den Kulissen ein schäbiger Geist aus Gift und Galle, der den Bühnenkollegen nicht den Schminkrest unter den Fingernägeln gönnt. Konsequent kokettiert Emmerich mit dem Klischee des Settings, wandelt auf dem schmalen Steg zwischen Satire und Albernheit.

Auch seine Gegenüberstellung zwischen bodenständigen Beamten und eitlem Theaterolymp fällt erfrischend brachial aus. Hört man eben noch himmlische Höhen aus knödelnden Tenorhälsen, liegt kurz darauf eine aufgeklappte Sängerbauchdecke auf dem Seziertisch. Eine aufwendig inszenierte Groteske über das titanische Ringen zwischen Rampenakteuren und wahren Virtuosen, von denen jeder leidet, liebt und lyncht für hehre Kunst und niedere Geltungssucht. Birgit Glombitza