Erdbeeren sind billiger für Radfahrer

Halbtags Berater, ein umgeschultes Pferd auf dem Acker und sonnengetriebene Wasserpumpen: Die unkonventionellen Methoden eines Biobauern im Donauries  ■ Aus dem bayerischen Schwaben Klaus Wittmann

Es gibt in der kleinen Ortschaft Oberndorf bei Donauwörth mehrere Erdbeerplantagen. Eine herkömmliche, wo alles so läuft, wie man es nun mal kennt. Und es gibt eine Bio-Erdbeer-Plantage, auf der man rund um die Uhr pflücken kann. Wenn der Besitzer, der Biobauer Klaus Kopp, nicht da ist, pflückt man trotzdem. Unter einem Holzverhau steht eine Waage, daneben liegt eine Liste. Ist man fertig mit dem Pflücken, trägt man sich selbst in die Erdbeerliste ein. Am Ende der Saison wird dann abgerechnet. „Ich bin nun mal nicht ständig auf dem Feld und hab' das letztes Jahr mal ausprobiert. Das hat sehr gut funktioniert“, sagt der kleine schmächtige Biobauer, den es nicht sonderlich stört, „daß ab und zu vielleicht mal jemand ein bißchen weniger aufschreibt“.

Klaus Kopp gehört seit gut dreizehn Jahren zur Gilde der Biobauern, er ist gelernter Gärtner und kommt aus dem biologischen Gartenbau. Er hat in den vergangenen Jahren Öko-Gärtner und Biobauern in Bayern, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen beraten. Das tut er auch nach wie vor noch – aufs Jahr umgerechnet allerdings nur halbtags. Die andere Hälfte seiner Arbeitszeit widmet er dem eigenen Betrieb.

Eine Erdbeerplantage und eine Aufzucht biologisch-dynamischen Saatgutes betreibt er in Oberndorf, 40 Kilometer nördlich von Augsburg. Auf den ausgedehnten Feldern von Klaus Kopp gibt es keinen Schlepper, keinen Dieselgestank. Vor knapp drei Jahren hat er sich entschlossen, seine Äcker und Wiesen nur mit Pferdekraft zu bewirtschaften. „Eigentlich ist es nur ein Pferd, das die komplette Bodenbearbeitung macht.“ Aus dem nahen Nordendorf hat sich Klaus Kopp mit dem Pferdebesitzer und Waldarbeiter Hans Bürger zusammengetan. Immer wenn es erforderlich ist, kommt der Nachbar mit der Kaltblutstute „Bella“ nach Oberndorf und dann wird geackert und geeggt.

Bella ist sieben Jahre alt, 850 Kilogramm schwer und äußerst genügsam. „Eigentlich ist sie ausgebildet fürs Holzrücken, aber vor drei Jahren hat sie eben eine Zusatzausbildung für die Feldarbeit bekommen“, berichtet Klaus Kopp. Das Konzept geht auf, sagt der Biobauer. „Das ist ein richtiger Ackergaul, so wie man das von früher her kennt. Und meinem Boden tut das erkennbar gut. Ich merke das an der Bodenqualität. Die Erde ist lockerer, ist viel leichter zu bearbeiten, und auch das Unkrautjäten ist einfacher, weil das alles nicht so verdichtet ist wie bei Schlepperreifen.“

Die Feldarbeit hat etwas Anheimelndes. „Man muß nach ein paar Runden immer wieder mal stehen bleiben. Das gehört halt auch dazu. Ein Pferd ist nun mal keine Maschine“, meint der drahtige Gärtner und Bauer. „Ich habe selbst mehrmals einen Zugpferdekurs mitgemacht und einige Kollegen arbeiten schon gelegentlich wieder mit Pferden. Das kommt wieder, da bin ich sicher.“

Schaut man sich beim Biobauern Kopp auf den Feldern um, prallen plötzlich Nostalgie und Zukunft unmittelbar aufeinander. Seine Saatgutaufzucht bedarf ständiger Bewässerung. Drüben am Bach surrt leise eine Pumpe dahin, gespeist wird sie mit Strom aus einem Solarmodul. „Gießen muß ich nur, wenn es schön ist. Und wenn es schön ist, scheint logischerweise auch die Sonne und mein Solarmodul bringt mir genügend Energie für die Pumpe.“

Seine Kunden freuen sich über die prächtigen Erdbeeren, über das ganze Umfeld. Sie kommen zum Teil von weither. Wenn sie das mit dem Auto tun, kostet das allerdings einen Aufpreis. „Wenn jemand mit dem Radl kommt, zahlt er fürs Kilo fünf Mark. Autofahrer zahlen sechs Mark.“ Diese eigenwillige Regelung wird ohne Widerspruch akzeptiert. Zwölf Kunden seien inzwischen dagewesen, die würden unter einer Erdbeerallergie leiden. „Neun davon haben meine Erdbeeren ohne Probleme essen können, ohne daß was passiert ist.“

Klaus Kopp ist zufrieden mit sich und seiner Arbeit. „Wissen sie, ich krieg' genau meinen halben Lebensbedarf damit raus, das sind ungefähr – nach Abzug aller Kosten – tausend Mark im Monat. Die andere Hälfte verdiene ich durch Kurse für Bauern und Gärtner und meine Mitarbeit an einem Entwicklungsdienstprojekt.“ Immer alleine auf dem Feld stehen, auf dem Anwesen arbeiten, möchte er nicht. Seine recht geringen Ansprüche ermöglichen ihm genau diese Aufteilung. „Ich mache mir genaue Aufzeichnungen, wie lange ich woran arbeite. In den letzten zwei Jahren waren es jährlich 1.200 Stunden auf dem Feld. Ich könnte durchaus noch vergrößern, aber das möchte ich einfach nicht. Es paßt mir so, wie es ist.“