Milliarden für die Armee

■ 46,6 Milliarden Mark bekommt Verteidigungsminister Volker Rühe im nächsten Jahr für seine Bundeswehr

Bonn (taz/dpa) – Der Verteidigungshauhalt für das nächste Jahr umfaßt genau 46,6 Milliarden Mark. Diese bisher geheimgehaltene Entscheidung traf Bundeskanzler Kohl bereits Mitte vergangener Woche. Nach seinem Willen wird der Bundeswehretat in der mittelfristigen Finanzplanung entgegen den Vorstellungen von Finanzminister Theo Waigel (CSU) ansteigen: 1998 auf 47, 1999 auf 47,7 und im Jahr 2000 auf 48,5 Milliarden Mark.

Nach Waigels Vorschlägen sollte der Wehretat bis 1998 nur 46 Milliarden Mark verschlingen, für 1999 sah der Finanzminister 46,2 und für das Jahr 2000 46,3 Milliarden Mark vor. Wären diese Vorstellungen verwirklicht worden, hätte die Hardthöhe einen mittelfristigen Verlust von zwölf Milliarden Mark hinnehmen müssen. Durch die Entscheidung Kohls in dem länger anhaltenden Streit zwischen Rühe und Waigel erleidet die Hardthöhe nun nur einen Verlust von sieben Milliarden Mark.

Der durch Waigels Sparvorgaben entfachten Debatte um die Abschaffung der Wehrpflicht ist damit vorläufig die Grundlage entzogen. Nach Ansicht von Militärexperten kann der Umfang der Streitkräfte von 340.000 Mann und die Wehrpflicht „noch aufrechterhalten werden“.

Bei den militärischen Beschaffungen muß hingegen rigoros gespart werden. Betroffen ist da vor allem der geplante Aufbau der Krisenreaktionskräfte. Auf der Hardthöhe wird nun geklagt, nur das militärisch Allernotwendigste könne gekauft werden. Gegebenenfalls müßten Vorhaben über einen längeren Zeitraum gestreckt werden. Der Transporthubschrauber NH 90, der mit Frankreich, Italien und den Niederlanden gebaut wird, sei allerdings für die Luftbeweglichkeit der neuen Krisenreaktionskräfte unbedingt nötig. Die Bell UH-1 D-Hubschrauber müssen altersbedingt ab 2002 ausgemustert werden.

Der Kampfhubschrauber Tiger und die Spionagesatelliten, beide werden zusammen mit Frankreich entwickelt, werden auf jeden Fall den Sparplänen zum Opfer fallen. Rühe erklärte am Wochenende: „Dafür reicht mein Geld eben nicht.“

Die deutsch-französischen Spionagesatelliten Helios-2 sind ein Lieblingsprojekt des Bundeskanzlers. Kohl hatte sich im vergangen Jahr mit dem französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac auf die Entwicklung eines europäischen Überwachungssystems geeinigt, obwohl ein schlüsselfertiges amerikanisches Angebot vorlag, das weitaus billiger war.

Für das deutsch-französische Gemeinschaftswerk, von dem vor allem die beiden Firmen Dasa und Aerospatiale profitiert hätten, war ein Etat von drei Milliarden Mark kalkuliert worden. Der erste der beiden Helios-2-Satelliten sollte im Jahr 2002 ins All geschickt werden.

Auch der äußerst umstrittene Eurofighter 2000 hängt nach den nun beschlossenen Einsparungen „am seidenen Faden“. Am Freitag hatte das Verteidigungsministerium berichtet, daß die Industrie ihr Angebot für den Eurofighter 2000 vorgelegt habe. Die Vorgabe für den Systempreis – das sind die Kosten für das Flugzeug einschließlich der nötigen Investitionen am Boden – lag bei maximal 100 Millionen Mark. Der SPD- Wehrexperte Erwin Horn erklärte, nun läge der Systempreis zwischen 130 und 140 Millionen Mark und damit deutlich über den Vorgaben der Verteidigungsminister der vier Partnerländer. Horn schloß daraus, daß Rühe die Kontrolle über die Rüstungsbeschaffung verloren habe. Dem hielt das Verteidigungsministerium entgegen, bei einer aktuellen Betrachtung der Systempreise sei immer die Inflationsrate bei Industrieprodukten zu berücksichtigen.

Heute werden die Regierungsfraktionen den Gesamthaushalt in Höhe von rund 438 Milliarden Mark beraten, morgen soll er vom Kabinett verabschiedet werden. dr