Bildungssenatorin wollte Rechnungshof täuschen

■ Auch Nölle bleibt bei der Prüfung nicht ungeschoren

Nicht nur mit dem früheren Staatsrat für Bildung und heutigen Chef der Senatskanzlei, Reinhard Hoffmann, geht der Rechnungshof hart ins Gericht (vgl. taz vom 9.7.). Auch die Nachfolger von Henning Scherf und Hoffmann im Bildungsressort, Bringfriede Kahrs (SPD) und Hans-Henning Zietz, werden in dem 60seitigen Prüfbericht, der der taz vorliegt, scharf kritisiert.

Selbst den Finanzsenatoren Manfred Fluß (SPD) und Ulrich Nölle (CDU) geben die Wächter über die Einhaltung der Haushaltsordnung eine Mitschuld an der Überziehung der Mittel für Schulsanierungen um 15,4 Millionen Mark im Jahr 1995 und das bis heute fehlende wirksame Controlling in diesem Bereich.

Besonders empört zeigt sich der Rechnungshof über Täuschungsversuche des Bildungsressorts während der Prüfung. So seien „nicht alle erbetenen Unterlagen vollständig und zum Teil erst auf Nachfrage ausgehändigt“ worden. In einem Fall „wurde eine Tabelle in Abweichung vom Original für den Rechnungshof verändert“ und aus den Akten seien „einzelne Vorgänge unmittelbar vor der Aushändigung an den Rechnungshof entnommen worden“.

Die im Bildungsressort zuständigen Sachbearbeiter hätten sich bei diesen Manipulationen auf „Anweisungen der Behördenleitung berufen“, heißt es in dem Rechnungshof-Bericht. Dadurch sei das Prüfverfahren „unnötig erschwert“ worden. Für die Zukunft werde erwartet, „daß derartige Behinderungen künftig unterbleiben.“

Reinhard Hoffmann war persönlich der Haushaltsverantwortliche des Bildungsressorts und hat in dieser Funktion „gegen elementare Vorschriften des Haushaltsrechts verstoßen“, schreibt der Rech-nungshof. Die zuständigen parlamentarischen Gremien habe er „regelmäßig nicht oder nicht umfassend und oft zu spät“ informiert. Und wenn doch, dann habe er „immer wieder nur die Zahlen präsentiert, die eine Zustimmung erwarten ließen“. Das nötige Controlling habe nicht existiert, „ein Überblick über das Ausmaß der Überschreitungen hat im Ressort nicht bestanden“. Das Fazit des Rechnungshofs: „Aufgrund unserer Feststellungen sind wir der Ansicht, daß eine dienstrechtliche Prüfung erfolgen muß.“

Zuständig für ein solches Disziplinarverfahren wäre der damalige und heutige Vorgesetzte von Hoffmann, Bürgermeister Henning Scherf. Der ist jedoch als ehemaliger Bildungssenator von den Vorwürfen mitbetroffen. Ein solcher Fall ist im Disziplinarrecht nicht geregelt. Der Staatsrat bei der Senatskommission für das Personalwesen, Johannes Beermann, meint: „Dann muß eben der Senat als Ganzes die Verantwortung übernehmen.“

Dort sind allerdings auch die Senatoren Kahrs und Nölle von der Rechnungshof-Kritik betroffen. Kahrs habe es „bislang nicht verstanden, die eingetretene Überschreitung auszugleichen und einen Überblick über die künftigen Prioritäten unter Beachtung der Vorgaben des Gesetzgebers vorzulegen“. Zur Abdeckung der Haushaltsüberschreitungen bemühe sich Kahrs „bisher nur um politische Lösungen, die sich nicht mit geltendem Haushaltsrecht vereinbaren lassen“. So seien von September bis November 1995 Rechnungen über 10,3 Millionen Mark „in vielen Fällen nur wegen der Zahlungsfälligkeit zu Notmaßnahmen erklärt“ worden – z.B. für die Beschaffung von Inventar für die Erwachsenenschule, die erst im Frühjahr diesen Jahres überhaupt ihren Betrieb aufgenommen hat. Und dies alles unter den Augen von Finanzsenator Nölle. Der „muß seine Kontrollfunktion kritischer wahrnehmen“, schreibt ihm der Rechnungshof ins Gewissen.

Kahrs und Nölle müssen bis spätestens 31. Juli ihre Stellungnahme zu den Vorwürfen abgeben. Vorher wollen sie sich dazu nicht äußern. Bürgermeister Scherf will sich am Donnerstag aus seinem Urlaub heraus erklären. Das wäre dann gerade noch rechtzeitig, um das Ultimatum des CDU-Landesvorsitzenden Bernd Neumann einzuhalten. Ase