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Vier US-Boys für Boris

Vier amerikanische Wahlhelfer sollen für Boris Jelzin den Wahlkampf organisiert haben  ■ Aus Washington Andrea Böhm

Das also war Boris Jelzins Erfolgsgeheimnis: Nicht seine Tanzeinlage bei einem Rockkonzert, nicht seine Ansprachen, sondern vier Gäste aus den USA in der Suite 1120 des Moskauer „Hotel Präsident“. Vier amerikanische Wahlkampfberater, so berichten das US-Nachrichtenmagazin Time und die ABC-Show „Nightline“, haben dem russischen Präsidenten vier Monate lang einzutrichtern versucht, wie man einen professionellen Wahlkampf führt. Mit Umfragen, Focus-Gruppen und Bäumepflanzen, ein bißchen „negative campaigning“ hier, ein wenig Manipulation dort – und dem „perception analyser“, dem Stethoskop des amerikanischen Wahlkampfmanagers.

Wie sehr die vier Helfer, die laut Time auf Vermittlung des russisch- amerikanischen Geschäftsmannes Felix Braynin angeworben wurden, tatsächlich Jelzins Sieg für sich beanspruchen können, mögen später Historiker beurteilen. In Moskau jedenfalls wurde ihr Einfluß nach Erscheinen der jüngsten Time-Ausgabe umgehend heruntergespielt: „Die tun ja so“, erklärte Jelzin-Berater Georgi Saparow, „als hätten wir nicht schon selber kapiert, daß man Massenmedien im Wahlkampf einsetzen muß.“ Auf die notwendigen Ideen für Jelzins Wahlsieg sei man auch ohne amerikanische Hilfe gekommen. Derzeit sonnen sich Steven Moore, George Gorton, Joe Shumate und Richard Dresner im Scheinwerferlicht amerikanischer Medien. Bis zu den Wahlen galt absolute Geheimhaltungspflicht. Wenn sie überhaupt ihr Hotel verließen, traten sie als Vertreter einer TV-Geräte-Firma auf. Ihre Präsenz in der Suite 1120 wäre ein gefundenes Fressen für Jelzins Gegner Gennadi Sjuganow gewesen – zumal in Suite 1119 Jelzins Tochter Tatjana Dyachenko saß, um die Ratschläge des ehemaligen Klassenfeindes an den Herrn Papa weiterzugeben.

Das Jelzin-Lager mochte sich anfangs angeblich nicht mit den Methoden von democracy made in America anfreunden. Erst als die US-Wahlhelfer Jelzins Beratern die Reaktionen einer Focus-Gruppe von 40 russischen Wählern auf die erste Wahlkampfrede des Präsidenten zeigten, schlug die Stimmung um. Die Testpersonen konnten an besagtem „perception analyser“ ihre emotionalen Reaktionen wiedergeben. Die Kurve sah aus wie die eines Komapatienten kurz vor dem Exitus. Ein solch wissenschaftliches Verfahren zur Erforschung von Volkes Stimmung beeindruckte die russische Seite.

Um aus einem unbeliebten Präsidenten einen „Comeback-Boris“ zu machen, empfahlen die vier „negative campaigning“ gegen Sjuganow. Sogenannte „Wahrheits-Brigaden“ aus dem Jelzin- Lager begannen, Sjuganows Auftritte zu stören; in Fernsehspots wurde an die kommunistische Vergangenheit erinnert und die Gefahr eines Bürgerkriegs im Falle von Sjuganows Sieg heraufbeschworen.

Auch ein paar nicht so demokratische Tips kamen aus der Suite 1120. Wenn man schon staatliche Medien zur Verfügung hat, soll man sie nutzen, sagten die Amerikaner und machten den Redakteuren klar: „Kein schlechtes Wort über Boris.“ Der war zunehmend mit dem Volk zu sehen, dessen Sorgen er im Stil eines Bill Clinton, dem Weltmeister des inszenierten Mitgefühls, teilte.

Wußte Bill von der Entwicklungshilfe für seinen Freund Boris? Er wußte. Laut Time soll es Kontakte zwischen Suite 1120 und Clintons wichtigstem Wahlkampfberater Dick Morris gegeben haben. Im Weißen Haus wischte man sich nach dem Sieg Jelzins ein paar Schweißperlen von der Stirn. Dank sei dem russischen Volk und dem „perception analyser“.

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