■ Nachschlag
: Aus Sylt mit Sang und Selbstdarstellung: Die Queen- B.-Mädels in der Bar jeder Vernunft

Kampen und List, Fisch-Gosch und Buhne 16 sind von Berlin aus gesehen unendlich weit entfernt. Ein Hauch von fischiger Exotik umgibt die beiden blonden Deerns, die es von der Insel in die Bar jeder Vernunft verschlagen hat. Zielstrebig betritt Edda Schnittgard die Bühne, schlägt schon im Stehen die ersten Takte an und läßt sich dann schwer auf den Klavierhocker fallen. Erst kurz vor ihrem Einsatz tänzelt Ina Müller herein und hopst leichtfüßig auf den Flügel. Schnörkellos wie dieser erste Auftritt von Queen B. ist auch der Titel ihres Programms: „Die eine singt, die andere auch.“ Treffender kann man es nicht sagen. Die Sylter Sängerinnen springen munter im Dreieck aus Soul, Pop und Chanson. Sie singen Schlager von Hollaender, Chansons von Jacques Brel, Songs von Joe Jackson und Kim Carnes – mal originalgetreu, mal mit Abwandlungen. „Ich kann mir nicht helfen, ich finde mich schön“, schmachtet Ina Müller ganz dreißiger-Jahre-mäßig und fährt fort: „Das ist ganz bestimmt nicht anders, als Caterina Valente singt.“

Die beiden Sängerinnen sind bislang vor allem im Sylter Meerkabarett am Flughafen von Westerland aufgetreten, das seit seiner Gründung vor zwei Jahren einen regen Austausch mit Berlin pflegt: Max Raabe, Georgette Dee und die Missfits waren schon auf Sylt zu Gast. So nüchtern wie die ganze Ausstrahlung von Queen B. war auch der Beginn ihrer Inselkarriere: „Ina und Edda haben mich gefragt: ,Dürfen wir hier mal singen?'“, sagt Matthias Kraemer vom Meerkabarett. Ina Müllers voluminöse, metallisch klare Stimme harmoniert prächtig mit Edda Schnittgards rauchigem Alt. Bei üppigen Soul-Kadenzen und schmalzigem Deutschrock (Ulla Meinecke lebt!) laufen die beiden zu großer Form auf, und auch die Eigenkompositionen – besonders das zornige Lied „Willst du schon gehn?“ – können sich hören lassen. Dennoch wirkt die ganze Vorstellung allzu beliebig. Vielleicht liegt das am rasanten Absingen des Programms, vielleicht auch an Queen B.s penetranter Selbstdarstellung als nette Mädchen von nebenan. Natürlich necken sie einander ein bißchen, natürlich witzeln sie über Kneipen, Männer und Sex. Und sie erzählen Inselgeschichten über fischfressende Touristen und den letzten Zug zum Festland. Aber was auf Sylt und vielleicht noch in Hamburg lustig ist, klingt in Berlin schon ganz anders. Witzischkeit kennt eben doch Grenzen. Miriam Hoffmeyer

Queen B.: „Die eine singt, die andere auch“, bis 28. 7. Di.-So. (außer 15. und 22. 7.), 20.30 Uhr, Bar jeder Vernunft, Schaperstraße 24, Charlottenburg