Das Versprechen des Verkäufers Von Fanny Müller

Wenn Sie aus dem Urlaub zurückkommen, liegen bei Ihnen wahrscheinlich auch immer Briefe auf dem Poststapel, die anfangen mit „Guten Tag, Frau Müller (bei Ihnen steht dann natürlich was anderes), ganz ohne Umschweife: Könnte bei einer Ersparnis bis zu 40 Prozent nicht ein Wechsel Ihrer Kfz-Versicherung fällig sein?“

Da fange ich dann immer an zu grübeln, ob ich auf dieses klasse Angebot eingehen soll, bis mir einfällt, daß ich von gar keiner Versicherung zu überhaupt gar keiner Versicherung wechseln müßte. Ich habe nämlich kein Auto. Und das kam so:

Vor vielen, vielen Jahren, als noch ein Rosenzüchter und ein Spitzbart die Geschicke unserer Vaterländer bzw. unseres Vaterlandes lenkten, erwarb ich einen Führerschein und dazu einen Fiat 500, allerdings mit einem 600er Motor (!). „Da sollen Sie keinen Schaden von haben, Frau Müller, das verspreche ich Ihnen“, hatte der Verkäufer zu mir gesagt. Ha! Das heißt, damals hieß ich nicht Müller, aber auch nicht viel besser.

Dieses Auto hatte jedenfalls erstens den Nachteil, daß das Chassis unter dem Fahrersitz durchgerostet war und man mit dem Hintern quasi Bodenberührung hatte, zweitens hatte es den Nachteil, daß man im Winter – oder war es im Sommer? – praktisch alle 500 Meter vorne irgendwo Wasser reingießen mußte, weil es sonst anfing zu qualmen. Auf die weiteren Nachteile komme ich noch.

Ich wohnte damals in Geesthacht, ein Ort, den man sich auf gar keinen Fall merken muß, und fuhr jeden Tag nach Bergedorf (dafür gilt das gleiche), um dort in die S-Bahn nach Hamburg umzusteigen, wo ich einer Erwerbsarbeit nachging. Auf dem Beifahrersitz saß dann meistens ein Individuum, mit dem ich mich leider kurz zuvor verheiratet hatte und das mir versprochen hatte, die Klappe zu halten, wenn es neben mir im Auto sitzt. Diese Person, obwohl zweimal durch die Fahrprüfung gefallen, feuerte mich immer wieder an, Lastwagen in unübersichtlichen Kurven zu überholen, von denen es etwa zwei Dutzend gab. Mein Gatte behauptete, daß er riechen könne, daß da vorne alles frei sei. Der vierte Nachteil war, daß der Fiat nicht schneller als 70 Stundenkilometer fuhr.

Es endete, wie es enden mußte. Ich kam mit einem Nervenzusammenbruch ins Krankenhaus, na ja, nur beinahe; verkaufte das Auto und reichte die Scheidung ein.

Mein zukünftiger Ex versicherte mir, daß, wenn ich die Scheidung durchzöge, er sich erschießen würde. Der hatte mir schon ganz andere Sachen versprochen. Zum Beispiel, daß er zur Hochzeit auf gar keinen Fall seine Mutter einladen würde, die aber dann doch im letzten Moment in ihrem räudigen Pelzmantel ... das interessiert wahrscheinlich wieder keinen.

Einige Jahre später traf ich ihn jedenfalls wiederholt in Damenbegleitung in Hamburger Kneipen an, und tatsächlich sah er ziemlich erschossen aus. Unaufgefordert erzählte er mir jedesmal, daß die Grünen ihm „gerade eben“ den Lappen abgenommen hätten. Mich fragt ja keiner, aber ich finde, Autokauf und Eheschließung sollte man zeitlich und räumlich strikt voneinander trennen. Noch besser: gar kein Auto kaufen – wozu hat man gute Bekannte, die einen gerne morgens um vier zum Flughafen bringen? Dasselbe Argument gilt übrigens fürs Heiraten.