■ SURFBRETT
: Wenn Bill Gates zurückschlägt

„Slate“ heißt das neuste Produkt aus dem Hause Microsoft. Kein neues Computerprogramm, kein Betriebssystem, sondern ein Online-Magazin, abrufbar unter http://www.slate.com. Der Name ließe sich wohlwollenderweise mit „Schiefertafel“ übersetzen. Auch das will Slate sein, ein Schwarzes Brett für den neusten Klatsch mit Anmerkungen zu irgendeiner neuen Mode, von der freilich noch nicht feststeht, ob ihr jemand verfallen ist. Doch der Name trügt. Irgendein arbeitsloser Webdesigner hätte sich vielleicht eine solche Wandtafel für Trends einfallen lassen, Bill Gates ist jedoch kein arbeitsloser Webdesigner, sondern ein Mann, der schecht schläft, wenn jemand anderes ein Geschäft macht, das auch Microsoft machen könnte. Es muß nicht mal bares Geld dabei herausspringen, der bloße Prestigegewinn reicht auch schon, um den mutmaßlich reichsten Mann der Welt aufzureizen. Das Wörterbuch lehrt, daß „to slate“ auch übersetzt werden kann mit: „heimzahlen, zurückschlagen“.

Genau darum geht es in diesem Fall. Slate ist Bill Gates' Antwort auf das Online-Magazin „Hotwired“ (http://www.hot wired.com), die digitale Schwester des Technomagazins Wired. Hotwired hat Maßstäbe gesetzt im Internet. Seine Reportagen über den Vorwahlkampf der Präsidentschaftskandidaten waren böse Abrechnungen mit der politischen Kaste von Washington, Hotwired kämpft unerbittlich für die Redefreiheit, seit neustem aber auch für die Selbstkontrolle der Netzgemeinde – und Hotwired konnte sich sogar die Feststellung leisten, daß sein eigener Übervater Nicholas Negroponte gelegentlich blanken Unsinn redet.

Dagegen nun also Slate von Bill Gates. Das Glanzlicht ist das Tagebuch der Schriftstellerin Muriel Spark, die über ihre Beinleiden berichtet. Die Dame ist nicht mehr die Jüngste, wie man eventuell auch ohne Slate wüßte, hier aber wird es offensichtlich. Dazu kommen Klatsch aus dem Weißen Haus, nur leider aus den Zeiten des Präsidenten George Bush, und längliche Sottisen aus der Feder eines gewissen Steven E. Landsburg, wonach beispielsweise unter rein marktwirtschaftlichen Aspekten die Aids-Gefahr geringer wäre, wenn wir öfter fremdgingen – allerdings nur dann, wenn zugleich die Kondome billiger würden.

An Verhütung erinnert denn auch der ganze Rest. Slate ist Internet ohne Ansteckungsgefahr. Eine hübsch gebaute Werbefläche, ein paar prominente Namen und etwa so aufregend wie eine Kaffeefahrt auf dem Starnberger See. niklaus@taz.de