„Das ist wie ein Strafgeld zahlen“

■ Manfred Scholz lehnt eine Unternehmensabgabe zur Ausbildungsplatzförderung ab

taz: Den Unternehmen geht es wirtschaftlich gut, dennoch bilden sie zuwenig Nachwuchs aus. Ist ein Auszubildender zu teuer?

Manfred Scholz: Im Schnitt kostet ein Azubi zwischen 90.000 und 100.000 Mark. Das ist zwar ein hoher Kostenfaktor, den muß man aber eingehen.

Wir Unternehmer übersehen oft, daß sich die Ausbildung junger Leute sehr innovativ auswirkt. Sie können doch heute einen 55jährigen nicht mehr auf neue Technologien schulen. Deswegen ist es ganz falsch, die betriebliche Ausbildung ausschließlich unter Kostengesichtspunkten zu sehen.

Wie wollen Sie erreichen, daß jeder Jugendliche einen Ausbildungsplatz bekommt?

Allen muß klar sein, wer bei der Ausbildung spart, setzt langfristig auf die falsche Karte. Die müssen wir immer wieder in die Betriebe hineintragen. Das ist sehr schwierig. Trotzdem bin ich optimistisch, daß wir in diesem Jahr genügend Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen können. Auch wenn wir das nur mit Ach und Krach hinbekommen.

Kommt da die Forderung nach einer Ausbildungsplatzabgabe nicht gerade recht?

Das ist wie ein Strafgeld zahlen. Davon halte ich nichts. Wir sind in diesem Land überreguliert. Wir brauchen Deregulierung und Flexibilisierung.

Bayerische Metall-Arbeitgeber legen 30 Millionen Mark in einen Fonds ein. Jeder Betrieb, der einen Ausbildungsplatz schafft, bekommt einen Zuschuß.

Trotzdem werden nicht mehr Ausbildungsplätze zustande kommen. Ein Unternehmer fragt sich doch, was soll ich einen Ausbildungsplatz schaffen, wenn ich später doch keinen neuen Arbeiter brauche?

Unternehmer wollen hier Golf spielen, schicken ihre Kinder nach Eton zur Schule und lassen in Timbuktu produzieren...

...Wir haben mit den hohen Arbeitskosten in Deutschland ein Problem. Und zeitgleich geht die Debatte um die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall los. Jeder sagt, da darf nicht dran gerührt werden. Trotzdem fordern alle: Ihr müßt mehr Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen.

Um sich zu helfen, sparen Unternehmer an der Ausbildung?

Wir sehen nur Teilprobleme: die Tarifverträge, die Lohnfortzahlung und so weiter. Diese partielle Sicht können wir uns nicht länger leisten. Wir alle in diesem Land müssen die längst fällige Gesamtschau machen. Die fehlt in der Politik ebenso wie in der Wirtschaft. Wir befassen uns immer mit einem Problem und sehen nicht, daß dies Ursachen und Wirkungen in anderen Bereichen hat.

Da sind sie wieder, die Appelle.

Was glauben Sie, was ich predige! Aber Sie müssen doch erst einmal die Leute in Bewegung bringen. Und da hilft nur predigen.