Ein Schulgesetz „zum Durchzappen“

■ CDU-Politikerin Ingeborg Knipper geißelt den Entwurf der Schulsenatorin Von Kaija Kutter

Schulsenatorin Rosemarie Raab will sich zu dem im November von ihr vorgelegten Schulgesetzentwurf zur Zeit nicht äußern. Begründung: In diesem frühen Stadium seien Schüler, Eltern und Lehrer um ihre Meinung gefragt, nicht aber die Politik. Einen Referentenentwurf, über den sich Parlamentarier öffentlich aufregen dürfen, soll es erst im Frühjahr geben.

Bürgermeister Voscherau hatte zur Jahreswende vor Journalisten dises Vorgehen kritisiert. Es sei falsch, mit dem Entwurf zunächst an die Öffentlichkeit zu gehen, da es keine Möglichkeit mehr gebe, Konflikte im Vorwege zu vermeiden. Er selbst habe das Papier nicht gelesen und werde auf den Referentenentwurf warten.

Die CDU-Politikerin Ingeborg Knipper hält sich nicht an dieses Procedere. Mit einer „ersten Analyse“ goß sie gestern im Rathaus genüßlich Öl ins Feuer, indem sie kein gutes Haar an der Vorlage ließ. Sie sorge sich, „daß sich nicht genug Eltern melden und Frau Raab den Eindruck erweckt, ihre Grundideen würden von der Mehrheit getragen“, begründete sie ihr Vorpreschen.

Die Leitidee der „Demokratisierung“ in dem Entwurf sei ein „falscher Begriff“ für ein System, in dem die „entscheidende Voraussetzung, nämlich Gleichheit“ nicht gegeben sei, sagte Knipper. Es sei „scheindemokratisch“, wenn Schulen mehr pädagogische Verantwortung bekommen sollen, zugleich aber im Entwurf 35mal stehe „entscheidet die zuständige Behörde“. Auch, daß diese künftig nicht mehr „beaufsichtigt“, sondern nur noch „berät und unterstützt“, schmeckt ihr nicht: „Wer verantwortet dann Schule künftig vor dem Parlament?“

Auch vermißt Knipper die im alten Gesetz festgeschriebene „regelmäßige Leistungskontrolle“ und hält die dafür vorgesehene „regelmäßige Lernbeobachtung und Feststellung der Leistungsentwicklung in pädagogischer Verantwortung“ für zu lasch. Ebenso wie die postulierte „Verantwortung des Schülers für den Lernprozeß“. Knipper: „Dann sucht sich der Schüler aus, was er lernen will“.

„Unordnung und Chaos“ und eine Angebotspalette, die „mit Sicherheit nicht zu finanzieren“ sei, fürchtet die CDU-Schulexpertin bei der Realisierung der inhaltlichen Vorgaben, wie der Einführung von fächerübergreifenden Bildungsplänen, Lernbereichen, Aufgabengebieten sowie die Möglichkeit, von der herkömmlichen Stundentafel abzuweichen. „Das ist so kompliziert, da kommt man mit Antenne nicht mehr aus. Da braucht man Kabel, um sich durchzuzappen“.

Immerhin zu einer Anmerkung ließ sich Raab-Sprecher Ulrich Vieluf gestern verleiten. „Wenn Frau Knipper Chaos befürchtet, sollte sie wissen, daß Baden-Württemberg gerade fächerübergreifende Bildungspläne eingeführt hat“. Daß dort Chaos herrsche, sei nicht bekannt.