Diesseits von Afrika

■ Im Januar zeigt das fama-Kino neue Filme aus Afrika

„Ich will mal Afrika-Filme zeigen, die keine Hollywood-Schinken sind“, nahm sich Hans-Peter Jansen vor. „Mich interessiert kein ,Jenseits von Afrika', sondern wie afrikanische Filmemacher selbst ihr Land sehen“. Der Betreiber des fama-Lichtspielhauses in Lurup organisiert deswegen eine spezielle Reihe: Den ganzen Januar über zeigt er jeden Montag und Dienstag abend ,Neue Filme aus Afrika'.

Den Anfang macht Ousmane Sembènes Film Guelwaar von 1992. Er zeigt die Probleme des Senegal - die fatalen Folgen dreißigjähriger Entwicklungshilfe, unter der jede eigene Initiative erstickt: Kindersterblichkeit, Vielweiberei, Machismo, Aids und der Krieg zwischen verschiedenen Religionsgruppen. Diese Probleme werden ganz nebenbei sichtbar, während der Film die Geschichte vom Begräbnis des Guelwaar erzählt. Guelwaar kämpfte gegen die korrupte Obrigkeit mit ihrer „food-aid“ Politik – trotz der Dorfbewohner, die in ihrer Demutshaltung allmählich bequem wurden. Sein Leichnam soll katholisch bestattet werden, mit einer lateinischen Messe. Doch der Leichnam ist verschwunden: Durch ein ,administratives Mißverständnis' wurde er mit einem Leichnam aus einem muslimischen Clan verwechselt.

Hier zeigt sich schon die internationale Mischung aus Religionen und Sprachen, die in diesen Filmen Thema werden. Auch die Biographien der Regisseure weisen unzählige Ortswechsel auf – Wechsel zwischen den Welten Afrikas und Europas, östliche und westliche Religionen, Muttersprachen Afrikas und Französisch aus der militärischen Besetzungszeit durchmischen sich.

Ousmane Sembène zum Beispiel wuchs als Sohn eines Fischers im Senegal auf. 1948 wandert er illegal nach Frankreich ein und verdingt sich im Auto-Werk von Citroen, später im Hafen von Marseille, wo er als Gewerkschaftsmitglied eine eigene senegalesische Arbeiterverbindung aufbaut. 1950 tritt er der kommunistischen Partei bei und schreibt seinen ersten Roman über die Einwanderung: Le docker noir.

In Paris lernt er Simone de Beauvoir kennen und Paul Sartre, Louis Aragon, und viele afrikanische Schriftsteller, unter ihnen Aimé Césaire. Und dann, mit vierzig, bewirbt er sich um die Aufnahme bei zahlreichen Filmhochschulen. „Die Leute sagten: ,Mit vierzig wirst du doch nicht anfangen wollen, Filme zu machen!' Aber wenn man niemals zu alt ist, um Dummheiten zu machen, dann ist man erst recht nicht zu alt, um etwas zu lernen“, so Sembène. Seit 1963 hat er 15 Filme gedreht.

Ein Thema, das sich durch alle Filme zieht, ist der Zusammenhang zwischen Sprache und Macht. In Guelwaar spielen sich Sprachduelle ab, die auch in anderen Filmen auftauchen und die die Situation in vielen afrikanischen Ländern symbolisieren: neben Französisch, der Sprache der Ex-Kolonialmacht, und der senegalesischen Muttersprache Wolof gibt es noch ein ,Wolof-Französisch', das wie ,pidgin-English' eine Mischsprache ist. Wer identifiziert sich im Film mit welcher Sprache? Soviel sei verraten: Die neue Oberschicht spricht das Wolof-Französisch.

Doch sind diese Sprachen für einen deutschen Besucher überhaupt zu verstehen? Hans-Peter Jansen versichert: „Alle Filme haben deutsche Untertitel. Die Reihe ist zwar in erster Linie für die afrikanische Bevölkerung in Hamburg gedacht, aber ich möchte natürlich auch das deutsche Publikum interessieren.“ Die fünf Filme sind die aktuellsten, die mit deutschen Untertiteln verleihbar sind - sie liefen letztes Jahr bereits während der internationalen Filmfestspiele in Berlin.

Gabriele Wittmann

2.und 3.1.: Guelwaar , Senegal/Frankreich 1992, Regie und Buch: Ousmane Sembène

9. und 10.1.:Lumumba, La Mort D'Un Prophete,Haiti/Schweiz/BRD 1991, Regie und Buch: Raoul Peck

16. und 17.1.:Zan Boko, Burkina Faso 1988, Regie und Buch: Gaston Kaboré

23. und 24.1.:Sababu, Burkina Faso 1992, Regie und Buch: Nissy Joanny Traore

30. und 31.1.:Contes et comptes de la Cour, Niger, Regie: Eliane de Latour