Anspruchsvolles Wortprogramm

■ NDR 4 soll ein neues, einheitlicheres Konzept erhalten

Was ist der Unterschied zwischen „durchhören“ und „zuhören“? Sind die Hörerinnen „magazinsozialisiert“? Das waren die Fragen, an denen sich bei der fünften Medienwerkstatt der Evangelischen Akademie am Donnerstag die Gemüter erhitzten. Annette Hillebrand, Initiatorin und Moderatorin der Reihe, hatte Dagmar Reim, seit Anfang des Jahres Chefredakteurin des Radiokanals NDR 4, eingeladen, über die Umgestaltung des Programms zu berichten.

Der im April 1989 gegründete Sender hat in den letzten Media-Analysen nur noch eine Hörerquote von 1,2 Prozent erreicht. Bei einer Genauigkeit der Daten von plusminus einem Prozent kann das im Extremfall bedeuten, daß nur 0,2 Prozent der Hörer NDR 4 einschalten. Den Grund für die geringe Akzeptanz sieht Dagmar Reim vor allem in der Containerstruktur des Programms. „NDR 2 und 3 haben alle Sendungen, die bei ihnen nicht geliebt wurden, einfach bei uns entsorgt“, konstatierte sie. Dadurch habe sich ein Programm aus sehr heterogenen Themen und Formen ergeben, die einfach wie Container aufeinandergestapelt und versendet wurden.

Mittelfristig soll NDR 4 eine Hörerquote von drei bis vier Prozent erreichen. Am 1. Oktober dieses Jahres startet das neue Programm. Aber noch ist nicht klar, wie es aussehen soll. Zwar arbeiten die Redakteure und Redakteurinnen in vier Arbeitsgruppen an Vorschlägen, konkrete Formen hat jedoch noch nichts angenommen. Fest steht bisher lediglich, daß es auch in Zukunft ein anspruchsvolles Wortprogramm geben soll, bei dem Informationen dominieren. Kein „durchmagazinisierter Tag“, sondern ein Sender mit einheitlichem Profil, den man den ganzen Tag hören mag, ist die Devise.

Die freien Mitarbeiter und Autorinnen von NDR 4 nutzten die Veranstaltung, die eigentlich interessierten Laien die Möglichkeit bieten soll, mit Medienvertretern ins Gespräch zu kommen, um der Chefredakteurin engagiert ihre Interessen deutlich zu machen. Ihre Befürchtung ist vor allem, daß längere Beiträge wie Features in dem neuen Konzept zu kurz kommen könnten. Diese für das Radio typische Form soll es weiterhin geben, aber eher abends, wenn Menschen Zeit haben und bewußt zuhören, statt vormittags, wo viele arbeiten oder Familienpflichten haben.

Den Verdacht, daß der Intelektuellen-Funk nur deshalb so wenig Hörer hat, weil ihn keiner kennt, will der NDR dadurch ausräumen, daß er vor dem Programmstart im Oktober eine große Werbekampagne macht. Über die Höhe des dafür vorgesehenen Budgets mochte Dagmar Reim mit Blick auf die anwesende Presse keine Auskunft geben.

Iris Schneider