Die Wurst hängt hoch

■ St. Pauli schippert mit dem „Würstchen vom Lande“ in den Hafen des Geldes / Mit an Bord Folke Havekost

Selbst der perfektionistische Coach Uli Maslo hatte nichts in die Darbietung des Shanty-Duetts an Bord hineinzumeckern. Irgendwann zwischen Hans Albers und dem Hamburger Veermaster rutschte dem Ihr-seid-ja-alles-nur-Amateure-Kritiker sogar das Wort „profihaft“ über die Lippen. Sein Lob galt dem Chef der St. Pauli Marketing GmbH, Präsidentensohn Götz Weisener, dessen restriktive Informationspolitik bis zuletzt spekulieren ließ, weshalb der Club vom Millerntor zur Pressekonferenz auf einem zur MS St. Pauli umfunktionierten HADAG-Schipper geladen hatte.

Das Rätsel wurde schnell durch die Pressemappe gelöst, aus der Werbung für die Produktpalette Böklunder flatterte: der Fleischfabrikant Plumrose wird für die nächsten zwei Jahre Hauptsponsor des FC St. Pauli. Nach zwölf Jahren als größter Geldgeber tritt der Deutsche Ring damit als Co-Sponsor ins zweite Glied, nicht ohne dies, so Rolf Stoecker, Chef des Versicherungskonzerns, durch „emotionales Engagement wettzumachen“.

Bei so viel Gefühl galt es , behutsam das Erbe anzuschiffen, denn vor dem Ringtausch hat die Hafenrundfahrtsromantik das Bekenntnis gesetzt. Plumrose-Manager Roland Verner: „Ganz ehrlich, ick war vorher Gladbach-Fan. Aber diese Atmosphäre am Millerntor ist halt wirklich so... ja, wirklich ergreifend“. Das war gut gesprachwurstelt, denn ohne Ergriffenheit wäre der Bund zweier solch stolzer Partner kaum zu schließen. Ist doch nicht nur St. Pauli bekanntermaßen allseits beliebt, sondern auch Böklunder, wie eine Brigitte-Umfrage von 1993 weiß, „das sympathischste Würstchen in Deutschland“.

Dafür, daß eigentlich nur arme Würstchen als Sympathieträger taugen, flaggt das Sponsorship gänzlich unbescheiden: 750.000 Mark erhält der Verein für die kommende Zweitligaserie – raffen die Spieler trotz derzeitigen Tiefgangs den Aufstieg in die Eliteklasse, erhöht sich die Leistung auf 1,25 Millionen plus Nichtabstiegsprämie von 350.000 Mark. Zum Vergleich: Der Deutsche Ring brachte für die laufende Zweitligasaison gerade 470.000 Mark auf.

Als Gegenleistung werden Eintrittskarten, drei Stadionbanden und die Trikots der Millerntor-Kicker ab dem 1. Juli mit dem Schriftzug des Würstchens vom Lande versehen – schlechte Zeiten für VegetarierInnen, die sich dem Würstchenverkauf bisher durch einen kleinen Kaffee- und Kuchen-Stand entziehen konnten und wenigstens beim Zuschauen ihre Seelenruhe hatten. Auf der Suche nach Geldquellen hat das keine Rolle gespielt: „Beim Fußball gibt es doch eine ganz klare Symbiose – ich esse Würstchen und trinke mein Bier“, warf Präsident Heinz Weisener bei seinem ersten Auftritt nach achtmonatiger gesundheitlicher Auszeit alle Bedenken von Bord. Fan-Beauftragter Sven Brux ging konform: „Ich kenne keine Tofu-Firma, die anderthalb Millionen hinlegt.“ Sein Tischnachbar mit wackligem Pragmatismus: „Auch für Vegetarier ist Böklunder besser als ein Versicherungsunternehmen“. So hatte Günther von Briskorn wenig Mühe, die Anwesenden auf neu-paulianischen Jargon einzustimmen: „Die Wurst“, stellte der Plumrose-Vorsitzende fest, „hängt hoch. Deswegen haben wir sie finanziell auch gut gewürzt.“ – Das Buffet war eröffnet. Immerhin gab's auch Käseschnitten.

Am Montag, 20.15 Uhr serviert DSF live den Zweitliga-Schinken 1.FC Nürnberg - FC St. Pauli – Magenkrämpfe vorbehalten.