Salat mit Dressing

■ Mit Salad und The Wrens vor die Tür

Auf der Suche nach der unspektakulärsten Musik der Welt in diesen Zeiten landen wir vor der eigenen Haustür. Dort, wo es noch nie hip war nachzusehen. Die Haustür, in deren Einzugsbereich längst die benachbarte Insel Großbritannien gehört, so es um melodische Gitarrenmusik geht. An eine hysterische und mit äußerst kurzen Halbwertzeiten arbeitende Musikpresse des Vereinigten Königreichs hat sich der Gitarrenpop-Freund in dem Maße gewöhnt, als daß er deren große Fehlbarkeit erkennt. Ebenso wenig wie über Salad als Blaupause alles bisher Gesagtem nicht Kübel voller Superlativen gegossen wurden, ist dieses debütierende Quartett eben nett. Ein Nett, das sich, wie das mit Netts meistens so ist, zu etwa gleichen Teilen aus irgendwie bekannt, melodisch, unpeinlich und musikhistorisch unbedeutend zusammensetzt. Es tingelt ein zeitloses Gitarrenmodell über dreizehn Pausen hinweg – so ergreifend unterinszeniert und englisch liebenswert, daß es in all seiner bleichen Bescheidenheit einer maßstablosen Welt auch wie der Weisheit letzter Schluß vorkommen könnte. Wurde schon erwähnt, daß Sängerin Marijne von der Vlugt ihrer Altersklasse als MTV-Moderatorin bekannt ist und trotzdem angenehm singt? In einer entfernteren Ecke vor der Haustür, in New Jersey/ USA, wohnen die vier Wrens zusammen in einem Haus und sehen durch die Löcher ihrer Pixies-LPs nach England, der Heimat der modernen Melodie. Die Wrens gehören zwar auch nicht zu der Gattung Angeber, doch im Gegensatz zu Salad füllten sie ihren ersten Tonträger, als gäbe es kein Morgen. Ganze 24 Sturm und Drang- Oden an das Leben mit dem angemessenen Maß an Jungmännerromantik sollten auch live ihre Wirkung nicht verfehlen. So bleibt Marijne wohl die undankbare Aufgabe, nach diversen Explosionen dem Alltag wieder Platz zu verschaffen. Uschi Steiner

29. 4. , MarX. 21 Uhr