Poliertes und postiertes Pappmaché

■ Sean Connery bleibt Im Sumpf des Verbrechens und in der Filmgeschichte stecken

Ziemlich öde ist es ja, sich über Filme via anderer Filme zu unterhalten. Außerdem enthält es eine Prise Kulturpessimismus, der im Neuen nurmehr das Alte erblickt, den aktuellen Reiz mit dem gespeicherten fernhaltend. Aber Im Sumpf des Verbrechens zitiert so augenfällig, daß man kaum um die Referenzen herumkommt. Sattsam bekannte Motive werden neu gemischt. Prinzip Pastiche. Wenn der Harvard-Professor Paul Armstrong (Sean Connery) in eine Kleinstadt im Süden reist, beginnt Im Sumpf des Verbrechens unter umgekehrten Vorzeichen wie In der Hitze der Nacht. Stößt Sidney Poitier als schwarzer Polizist auf Ablehnung, behindert Connery ein Black-on- White-Rassismus, der recht fragwürdig einen konservativen Backlash in den USA kinematographisch begleitet. Gewiß existiert dieser. Doch sind die USA so weit, ihn in den Mittelpunkt zu stellen?

Professor Connery hält unbeirrt an der Unschuld seines schwarzen Klienten am Tod eines elfjährigen weißen Mädchen fest. Der selbstgefällige Schotte wird dabei zum Träger des Vertrauens. Wer würde schon James Bond an der falschen Fährte schnüffeln lassen? Dazu führt der zum Tode verurteilte Bobby Earl Black-on-Black-Rassismus an und beschuldigt den für den Mordfall zuständigen Polizisten (der allgegenwärtige Laurence Fishburne), ihn während eines 22stündigen Verhörs samt Schein-erschießung zum Geständnis gezwungen zu haben. Soweit, so gut. Bis dahin versetzt der Regisseur Arne Glimcher (Mambo Kings) das Verhältnis zwischen Schwarz und Weiß mit komlizierteren Kraftfeldern als manch Tor vor ihm.

Doch nun kommt er, trotz der Bestseller-Vorlage von John Katzenbach, augenscheinlich nicht recht weiter und klaubt ein paar Brocken aus der Filmgeschichte. Ein neuer Spieler kommt hinzu, der ebenso bibelfeste wie psychopathische Killer Sullivan (Ed Harris), der ganz in der monströsen Manier von Hannibal Lecter die Fäden aus dem frisch gewienerten Hochsicherheitstrakt spinnt. Zu guter Letzt muß auch noch Kap der Angst herhalten, wenn der Anwalt samt Familie in den Sumpf gerät und dort auch mit dem schwarzen Mörder ringt. Auch wenn Glimcher die Gefahr mit einigen ungereimten Kapriolen zu unterlaufen sucht, legt die Hautfarbe des Täters eine fragwürdige Aussage des Films nahe, die rassistische Ressentiments erneut instand setzen.

Wird das erste Zitat noch mit einer gegenwärtigen Nuance umspielt, geraten ihm die anderen zur bieder abgefilmten Hommage. Auch die Aufnahmen der Everglades, die wohl irgendwie stickig sein sollen, gerinnen gleich zu Anfang im Gleitflug zur Postkarte samt Sonnenuntergang. Ein paar Baumstümpfe liegen in Nahaufnahme als fotogen postierte und gut geputzte Kulisse im Brackwasser. Wahrscheinlich erkennt man passable Filme eben daran, daß sie fortwährend an irgendwelche Klassiker gemahnen und diese in pappenen Kulissen versinken lassen. Im Sumpf des Verbrechens ist ein solcher.

Volker Marquardt