Was hat den geritten?

■ Der Sozialdemokrat Stefan Krappa ist wütend über das Stadtteilarchiv Ottensen

Wer mit öffentlichen Mitteln gefördert wird, darf die Politik der SPD nicht kritisieren, sonst verläßt er „den Boden der Seriosität“. So läßt sich eine Pressemitteilung des SPD-Bezirksabgeordneten Stefan Krappa zusammenfassen, in der dieser am Dienstag wissen ließ, wie empört er ist über die zur Zeit im Stadtteilarchiv Ottensen gezeigte Ausstellung Heute war gestern. Brauner Sperrmüll und jüdischer Friedhof in Ottensen. „Offensichtlich werden historische Fotoaufnahmen dazu mißbraucht, die SPD-Politik der 90er Jahre zu bekämpfen“, begründet er seine Wut.

Auslöser für die heftige Attacke ist eine Ausstellung von Asmus Henkel, Ilona Konrad und Karin Prinzhorn, die eine fotografische Familienchronik aus den 30er und 40er Jahren mit Bildern von den Auseinandersetzungen um die Bebauung des jüdischen Friedhofs in Ottensen kontrastiert (taz berichtete). Ergänzt werden die Fotografien von Texttafeln, die die Herkunft der Fotos, die Geschichte des jüdischen Friedhofs sowie die Chronologie der Ereignisse rund um die Bebauung dieses Friedhofs dokumentieren. „Die Texte sind schon bewertend, aber von der SPD ist an keiner Stelle die Rede“, beschreibt Brigitte Abramowski vom Stadtteilarchiv die Tafeln.

Weder mit den beiden Ausstellungsmacherinnen und dem Fotografen noch mit dem Stadtteilarchiv hatte Stefan Krappa gesprochen, bevor er seine Empörung öffentlich machte. „Das Prozedere ärgert uns am meisten. So einen Umgang sind wir von der Altonaer SPD sonst nicht gewohnt“, sagte Brigitte Abramowski gestern in einer ersten Stellungnahme. Das Stadtteilarchiv empfindet vor allem den wiederholten Verweis in dem Papier auf die öffentliche Förderung des Kulturvereins als massive Bedrohung seiner Existenz. In der Tat stellt sich die Frage, ob die Altonaer SPD, die diesen Ausfall immerhin veröffentlicht hat, wirklich der Meinung ist, daß nur mit öffentlichen Mitteln gefördert werden kann, wer der SPD-Politik jederzeit applaudiert. Stadtteilkultur als tragende Säule der Regierungspolitik? Solche Ansprüche haben wir bisher für eine Spezialität undemokratischer Systeme gehalten. Asmus Henkel jedenfalls kann den Vorwurf, mit der Ausstellung den Faschismus verharmlost zu haben, nur absurd finden: „Ich weiß nicht, was den geritten hat.“ Bisher sei er eher als „Rote Socke“ beschimpft worden. Das Stadtteilarchiv hat inzwischen in einem Brief an Krappa um ein Gespräch gebeten. Na denn: Glück auf! Iris Schneider